Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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strebt“ (S. 11). „Die Moral ist unausgebildetes Recht. Nicht 
alle moralischen Anschauungen werden aber vom Rechte auf- 
genommen! ..... (S. 12). 
Das Angeführte wird genügen, um die Grundanschauung 
ÄFFOLTER’s erkennen zu lassen. Ich finde dieselbe unhaltbar. 
Denn Moral und Recht sind Gegensätze, und das Rechtsgefühl 
hat mit dem positiven Rechte gar nichts zu thun. Nicht die An- 
schauungen irgend welcher Einzelnen oder Gesammtheiten, wie 
wir oben sahen, auch nicht die Anschauungen der leitenden Kreise 
über das richtige Verhalten der Menschen zu einander sind „Recht“, 
sondern nur die nach dem Willen der Staatsgewalt massgebenden 
Normen; nicht das Rechtsgefühl sagt uns, was Recht ist, sondern 
das Gesetzblatt. Das ist eben der tiefgreifende Gegensatz zwischen 
Moral und Recht, mögen sie auch noch so viele Sätze zeitweise 
gemeinsam haben, dass nicht das Gefühl und die Anschauungen 
derer, welche sich nach den Sätzen des geltenden Rechts richten 
sollen, in Betracht kommt, dass es nicht im individuellen Belieben 
und im subjektiven Ermessen derjenigen, welche gehorchen sollen, 
steht, ob sie gehorchen wollen. Das Recht ist etwas unbedingt 
und objektiv Massgebendes, es ist auch nicht bloss eine 
Summe von Anschauungen, sondern von Geboten, d. h. es be- 
steht nicht aus theoretischen Sätzen, sondern es soll befolgt, 
praktisch angewendet werden. 
ÄAFFOLTER freilich sagt S. 9: „Dadurch, dass das Recht an- 
gewendet wird, werde es Mittel zu einem vom Rechtssetzenden 
zunächst nicht beabsichtigten Zwecke“... ....... Aber um 
alles in der Welt, wozu bräuchte man dann das Recht überhaupt 
nach derjenigen Richtung, nach welcher bei AFFOLTER Recht und 
Moral zusammenfällt? Glaubt ArFOLTER wirklich, dass die An- 
wendung des Rechts und die dadurch erstrebte „Ermöglichung 
eines gedeihlichen menschlichen Nebeneinanderlebens“ nicht zu- 
nächst und allein vom Rechtsetzenden beabsichtigt ist? Sollte 
es wirklich der erste Zweck des (sesetzgebers sein, Anschauungen
	        
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