Das deutsche Seestrassenrecht.
Von
W. E. Knitschky.
Unter der Bezeichnung Strassenrecht begreifen wir die Ge-
sammtheit der polizeilichen Anordnungen, welche zum Schutze
des allgemeinen Verkehrs auf den öffentlichen Wegen erlassen
sind. Dieselben können denkbarer Weise einem doppelten Zwecke
dienen, nämlich entweder eine den Bedürfnissen des öffentlichen
Verkehrs widersprechende Benutzung (z. B. zur Lagerung von
Vorräthen) verhindern oder einer fremde Interessen gefährdenden
Art der Benutzung (z. B. durch zu schnelles Fahren) entgegen-
treten. Derartige Massregeln nun sind nicht nur auf dem festen
Lande nothwendig, sondern auch für die zur Schifffahrt bestimm-
ten Wasserstrassen. In Bezug auf Häfen, Flüsse u. s. w. macht
sich dieses Bedürfniss so offensichtlich geltend, dass für ihren
Bereich schon längst polizeiliche Verordnungen bestehen. Diese
müssen sich natürlich den örtlichen Verhältnissen anpassen und
weisen daher selbst in einem Einzelstaat inhaltliche Verschieden-
heiten auf, um wie viel mehr in den verschiedenen Ländern,
Zweifelhafter kann auf den ersten Blick die Nothwendigkeit eines
Strassenrechts für das offene Meer erscheinen, da eine die Schiff-
fahrt hindernde anderweitige Benutzung ausgeschlossen ist und die
Dee gross genug ist, um allen Schiffen für die Verfolgung ihrer
Wege ausreichenden Raum zu gewähren, ohne dass anscheinend
ein Anlass zur Schädigung fremder Interessen gegeben würde.
Allein die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Anschauung doch
nicht ganz zutreffend ist. Die gleichen Ausgangspunkte und Ziele