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kaiserliche Verordnung vom 7. Jan. 1880'), welche formell sich
als Recht eines einzelnen Staates darstellt, seinem Inhalte nach
aber für alle Kulturvölker Geltung hat. Diese materielle Ueber-
einstimmung allein reicht freilich noch nicht aus, die Sicherheit
der Seestrassen in dem wünschenswerthen Masse zu verbürgen;
dazu wäre erforderlich, dass auch für eine gleichmässige Hand-
habung der gesetzlichen Anordnungen in jedem einzelnen Falle
ausreichende Fürsorge getroffen würde. Nun sind allerdings wohl
überall Uebertretungen der betreffenden Bestimmungen durch das
Landesrecht mit Strafe bedroht, wie z. B. in Deutschland durch
& 145 des Strafgesetzbuches; auch findet vielfach eine amtliche
Untersuchung aller die einheimischen Schiffe betreffenden Unglücks-
fälle statt, also auch derjenigen, welche durch einen unter Ver-
letzung der Regeln des Seestrassenrechtes stattgehabten Zusammen-
stoss herbeigeführt sind (in Deutschland durch die Seeämter).
Aber da bei derartigen Ereignissen vielfach Schiffe verschiedener
Nationalität betheiligt sind, ist es den Behörden nicht immer
möglich, den Thatbestand genau festzustellen. Sie sind meistens
auf die Aussagen der Besatzung des einheimischen Fahrzeuges an-
gewiesen, während das vielleicht ebenso wichtige Zeugniss der
ausländischen Mannschaft gar nicht oder nur in unzureichender
Weise zu beschaffen ist. Gelänge es, durch staatliche Verein-
barungen für die seeamtlichen Untersuchungen eine umfassende
Rechtshülfe im Auslande zu erlangen, so würden die Verfehlungen
gegen die gesetzlichen Vorschriften leichter erkannt werden können
und dadurch das Gefühl der Verantwortlichkeit in der seemänni-
schen Bevölkerung verstärkt werden.
Die deutsche Verordnung vom 7. Jan. 1880 ist Reichsrecht,
lässt also für landesgesetzliche Bestimmungen an sich keinen
Raum. Sie hat aber in ihrem Art. 25 selber ihre Geltung be-
schränkt, indem sie anordnet, dass durch ihre Vorschriften die
1)S. Knitschky, Die Seegesetzgebung des deutschen Reiches $. 275#.