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anderen wirksamen Mittel greifen dürfen. Wer dagegen ein nicht
zugelassenes Lootsensignal benutzt, setzt sich einer Bestrafung
nach & 146 St.-G.-B. aus. Freilich wirft sich hier sofort die
Frage nach dem Herrschaftsgebiete dieses Gesetzes auf. Dass
es für die deutschen Küstengewässer unbedingt und auf hoher See
für deutsche Schiffe Geltung hat, ist unbestreitbar. Ein deutscher
Schiffer aber, welcher in einem fremden Küstengewässer den Vor-
schriften der Noth- und Lootsensignalordnung zuwiderhandelt, kann
in Deutschland nach 8 4 des St.-G.-B. nur dann zur Rechenschaft
gezogen werden, wenn seine That durch die Gesetze des Ortes,
an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist. Dazu
ist nun wieder erforderlich, dass auch der fremde Staat den Ge-
brauch des wirklich benutzten Lootsensignals verbietet. Sind also
im Auslande andere Zeichen zulässig, so kann der deutsche
Schiffer jedenfalls in seiner Heimath nicht in Strafe verfallen,
wenn er sich ihrer in den fremden Küstengewässern bedient hat.
Daraus folgt aber an sich noch nicht, dass die Handlung nun
auch vom deutschen Standpunkte aus rechtmässig wäre, sondern
es zeigt sich nur, dass das Gesetz insoweit eine lex imperfecta
ist. Denn die Rechtsordnung seines Vaterlandes verbindet den
Schiffer auch ausserhalb des heimischen Gebietes. Es liesse sich
desshalb ganz wohl die Ansicht vertheidigen, dass Verstösse gegen
die Noth- und Lootsensignalordnung eine Haftung nach deutschem
Rechte ausser in strafrechtlicher Beziehung begründeten. Aber
praktisch in Betracht kommen kann wohl nur eine Ersatzpflicht
für einen durch einen Zusammenstoss von Schiffen herbeigeführten
Schaden, bei welchem ein schuldvolles Verhalten in der Nicht-
beachtung jener Verordnung gefunden würde. Da aber nach den
Grundsätzen des internationalen Privatrechtes für die Beurtheilung
der Folgen von Delikten die Gesetze des Thatortes massgebend
sind, so kann auch in jenem Falle kein Verschulden angenommen
werden, weil nach dem Ortsrecht keine rechtswidrige Handlung
vorliegt und folglich auch keine Haftung begründet ist. Somit