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frei, anstatt dessen ein helles weisses Licht oder ein Flackerfeuer
zu zeigen, ohne dass diese Befugniss an weitere Voraussetzungen
geknüpft wäre. Aus der Stellung des Art. 10 hinter dem schon
mehrfach erwähnten Art. 8 darf man wohl die Folgerung ableiten,
dass diese Vergünstigungen auch dann Anwendung finden, wenn
die Boote vor Anker liegen.
5. Lootsenfahrzeuge, welche Lootsendienst auf ihrer
Station thun, haben ein weisses über den ganzen Horizont sicht-
bares Licht und ausserdem mindestens alle 15 Minuten ein oder
mehrere Flackerfeuer zu zeigen. Es handelt sich hierbei nicht
um eine Erleichterung in der Lichterführung, sondern um die
Kenntlichmachung dieser besonderen Art von Fahrzeugen. Ihnen
sind daher auch die bezeichneten Lichter nicht nur freigestellt,
sondern in verbindender Weise vorgeschrieben (Art. 9).
6. Die regelmässig zu führenden farbigen Seitenlichter und
das weisse Licht der Dampfer bescheinen nur einen Bogen des
Horizonts von 20 Kompassstrichen — 225 Grad, lassen also
12 Striche -135 Grad im dunkeln, und zwar, da der Lichtkreis
sich von dem Bug des Schiffes aus gleichmässig nach beiden
Seiten erstreckt, nach hinten hin. Mit anderen Worten, ein
anderes Schiff, welches sich dem ersteren von hinten her nähert,
vermag dessen Lichter nicht zu sehen, solange es sich in dem er-
wähnten dunkeln Theil des Horizontes befindet. Damit nun aber
nicht auf diese Weise Zusammenstösse herbeigeführt werden,
ordnet Art. 11 der Verordnung an, dass ein Schiff, welches von
einem anderen überholt wird, diesem vom Heck aus ein weisses
Licht oder ein Flackerfeuer zeigen müsse. Was unter „überholen“
zu verstehen ist, soll weiterhin in einem anderen Zusammenhange
genauer erörtert werden. Hier genügt es, zu erwähnen, dass
ein Schiff, welches zunächst hinter einem anderen herfährt, sich
aber letzterem so nähert, dass es zuletzt einen Vorsprung vor
jenem erlangt, dieses letztere überholt. Dabei sind an sich
drei verschiedene Stellungen der beiden Fahrzeuge zu einander