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eine Flussmündung u. dgl., vor Augen liegt, und weil gerade
hier meistens ein enges Fahrwasser, in welchem zwei Schiffe nicht
leicht an einander vorbeikommen können, in Frage steht.
5. Für alle Fälle, in welchen nach den bisher besprochenen
Vorschriften eine Verpflichtung zum Ausweichen besteht, gelten
einige allgemeine Grundsätze, welche aufgestellt sind, um den
Zweck jener Bestimmungen desto sicherer erreichen zu können.
Zunächst kann ein in Fahrt befindliches Dampfschiffl, wenn
es einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Kurs ein-
schlägt, dies dem anderen in Sicht befindlichen Schiffe durch
Signale mit seiner Dampfpfeife anzeigen, und zwar bedeuten nach
Art. 19 ein kurzer Ton: „ich richte meinen Kurs nach Steuer-
bord“, zwei kurze Töne: „ich richte meinen Kurs nach Back-
bord“, drei kurze Töne: „ich gehe mit voller Kraft rückwärts.“
Eine Verpflichtung, den Weg, welchen man zu nehmen gedenkt,
in dieser Weise dem Gegner anzudeuten, besteht nicht. Wenn
aber ein solches Signal gegeben ist, so muss auch ihm entsprechend
verfahren werden. Zweckmässig ist es, von diesen Zeichen nur
in den in der Verordnung vorgesehenen Fällen Gebrauch zu machen,
da durch ihre anderweitige Verwendung, z. B. als Erkennungs-
zeichen, leicht Verwechselungen und Zusammenstösse veranlasst
werden können, namentlich auf belebten Fahrstrassen ?”).
Nach Art. 22 muss ferner stets, wenn von zwei sich be-
gegnenden Schiffen das eine zum Ausweichen verpflichtet ist, das
andere seinen Kurs beibehalten. Eine solche Vorschrift ist noth-
wendig, weil andernfalls das Fahrzeug, welches aus dem Wege
gehen muss, nicht mit Sicherheit zu beurtheilen vermöchte, wie
es die erforderlichen Massregeln einrichten, insbesondere in
welchem Umfange es von der bisher verfolgten Richtung ab-
weichen soll, um einen Zusammenstoss zu verhüten. Daraus
ergibt sich auch schon, dass die Verbindlichkeit zum Kurshalten
7) Vgl. den in Entscheid. d. Ober-Seeamts III, N. 136 mitgetheilten Fall.