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buchs keine Bestimmungen über internationales Privatrecht aufgenommen
sind; er beruft sich aber auf eine französische Quelle, welche von dem
Vorhandensein eines Entwurfs von 26 Paragraphen über internationales Privat-
recht berichtet. Dem ist allerdings so. Schon der Entwurf des allgemeinen Theils
des Gesetzbuchs, wie er von dem Redaktor Dr. GEBHARD im Jahre 1881 der
Kommission zur Berathung vorgelegt wurde, enthielt in $ 5—40 Normen
über internationales Privatrecht. Zu dieser Vorlage arbeitete der Referent Ab-
änderungsvorschläge mit Motiven aus. In der 691.—699. Sitzung vom
9.—28. September 1887 wurde dieses Rechtsgebiet durchberathen. Bei Ge-
legenheit der zweiten Besprechung des gesammten Entwurfs wurde vereinbart,
von der Aufnahme derartiger Bestimmungen in der demnächst zu veröffent-
lichen Vorlage abzusehen, über die Materie selbst aber sich völlig schlüssig
zu machen. In der 733. Sitzung am 16. Dezember desselben Jahres wurde
endlich ein besonderer Entwurf |von 26 Paragraphen mit der Ueberschrift:
„Räumliche Herrschaft der Rechtsnormen“ angenommen. So viel zur Auf-
klärung über die Kommissionsarbeiten am Entwurf. MkEıLı reiht an seine
Bemerkungen den Gegenentwurf von RocHoLL.
Die zweite Gruppe der Meıtr’schen Sammlung enthält Gesetzentwürfe
von Mommsen und Domin-PETRUSHEVECZ; die dritte Vertragsprojekte der
südamerikanischen Staaten über internationales Privatrecht. In der vierten
Gruppe sind die bestehenden Staatsverträge vereinigt, allerdings nur soweit
sie Fragen des internationalen Erbrechts zum Gegenstande haben. —
Wer Mkitr's Zusammenstellung auf ihre Vollständigkeit sorgfältig nach-
prüft, mag hier und da in den Litteraturangaben wie in der Sammlung der
Gesetze auf Lücken stossen. Aus diesem etwaigen Mangel einen Grund zu
schweren Vorwürfen herzuleiten wäre aber ebensowenig bei dieser Arbeit
am Platze, wie bei seinem früher veröffentlichten Grundriss über das Recht
der modernen Verkehrs- und Transportanstalten. Beide Arbeiten erheben
ja auch gar nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es muss ihnen aber
das Prioritätsrecht auf ihrem Litteraturgebiete zugebilligt und dadurch
zugleich dankbar anerkannt werden, dass sich Meıı, trotz des Bewusstseins
nur etwas Upvollständiges liefern zu können, schon jetzt zur Veröffentlichung
derselben entschloss. Der vorliegende Kodifikationsversuch wird den Praktikern
gewiss erhebliche Erleichterung in der Benutzung des verstreuten Materials dar-
bieten; der Doktrin aber wird er eine erste und gute Studienunterlage gewähren,
auf der ein Jeder nunmehr an seinem Theil bequemer fortbauen kann.
Während so Meıtt durch seine Zusammenstellung das Arbeiten über
dem stetig sich bedeutsamer gestaltenden Rechtsgebiete erleichtern und
fördern will, tritt Preuss in obiger Schrift für die Wichtigkeit und Lebens-
fähigkeit des Völkerrechts in die Schranken, indem er den innigen und
eigenartigen Zusammenhang desselben mit dem Wirthschaftsleben zum Gegen-
stande eines Essays macht. Seine Schrift ist nicht eine gelahrte Apologie,
sondern ein frischer Schwerthieb zu Ehren des Völkerrechts,.