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verschiedenen freien Städte fanden nur in den Lehrbüchern des deutschen
Staatsrechts überhaupt eine untergeordnete Berücksichtigung. Auch die zum
grossen Theile vortrefflichen monographischen Bearbeitungen des Staatsrechts
der einzelnen deutschen Staaten in Marquardsen’s Handbuch konnten bei der
durch die ganze Anlage des Werkes gebotenen Kürze dem praktischen Bedürfnisse
nicht genügen. Es verdient daher volle Anerkennung, wenn jetzt der Versuch
unternommen wird, das hamburgische Staatsrecht selbständig zu bearbeiten.
Nach einer kurzen Uebersicht über die Entwicklung der hamburgischen
Verfassung und das Verhältniss Hamburgs zum Reiche behandelt der Verf.
die Grundlagen der Staatsverfassung (Staatsgebiet, Staatsangehörige und
höchste Staatsgewalt), daran schliesst sich die Behandlung der Staatsorgane,
ihrer Funktionen und ihres Geschäftsganges, sowie endlich der Staatsverwaltung
nach ihren verschiedenen Richtungen.
Dringend wäre zu wünschen gewesen, dass der Verf. seiner Schrift an
Stelle der völlig unzureichenden Uebersicht über die Entwicklung der Ver-
fassung auf noch nicht 13 Seiten eine kurze hamburgische Verfassungs-
geschichte im Umfange von mehreren Bogen vorausgeschickt hätte. Die
Vortheile davon würden sich bei der Bearbeitung des systematischen Theiles
gezeigt haben. Es würden dann eine ganze Reihe von Eigenthümlichkeiten
des hamburgischen Staatsrechts, z. B. der Mangel einer besonderen Gemeinde-
verfassung für die Stadt Hamburg ohne Weiteres ihre Erklärung gefunden
haben. Dagegen ist es zu billigen, dass der Verf. zwischen Verfassung und
Verwaltung nicht die scharfe Grenze zieht, wie man es in dem neueren
deutschen Staatsrechte gewöhnt ist. Denn es entspricht der Eigenthümlich-
keit eines Stadtstaates, dass die Zuständigkeit der verfassungsmässigen Träger
der Staatsgewalt sich auch vielfach über die Details der Verwaltung erstreckt.
Neue selbständige Ansichten und Ausführungen wird man in dem Werke
nur sehr selten finden. Auch da, wo grössere Deduktionen zur Erklärung
eines Rechtsinstituts nicht. entbehrt werden können, begnügt sich der Verf.
meist, die Ansichten Anderer, namentlich von Laband und Wolffson zu
citiren und sich zu eigen zu machen. Das steht natürlich dem Werthe der
Schrift als eines praktischen Handbuches und einer systematischen Zusammen-
stellung des Materials keineswegs entgegen.
Berlin. Conrad Bornhak
Parisius, Ludolf, und Crüger, Hans, Dr. jur., Das Reichsgesetz be-
treffend die Erwerbs- und Wirthschafts-Genossenschaften
vom 1. Mai 1889. Kommentar zum praktischen Gebrauch für Juristen
und Genossenschaften. Erste und zweite Ausgabe. Berlin, Verlag
von J. Guttentag (D. Collin) 1890, LXII und 461 S.
Der vorliegende Kommentar bildet gewissermassen die dritte Auflage
der früheren allgemein bekannten Kommentare von PARISIUS zum preussischen
Genossenschaftsgesetze von 1867 und zum norddeutschen Genossenschaftsgesetze