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abgeleitet zu werden vermöge. Bei den Unfallversicherungsgesetzen
sei man noch weiter gegangen. Hier habe man das Culpaprineip
völlig aufgegeben und sei an dessen Stelle das Assecuranzprincip
gesetzt worden, sodass auch Zufall oder höhere Gewalt den Ver-
sicherungsanspruch des Beschädigten in die Wirklichkeit treten
lasse. Derjenige aber, auf dessen Schultern die Hauptlast, dort
der Schadensersatz, hier die Versicherungspflicht, ruhe, sei immer
der Unternehmer, mit dessen Thätigkeit Gefahren für Dritte in
unabwendbarem und untrennbarem Zusammenhang stehend ge-
dacht werden müssten. Von verwandten Gesichtspunkten aus
sei die Frage zu beurtheilen, ob der Staat für unverschuldete Irr-
thümer seiner Justizorgane aufzukommen habe, wenn durch die
Aussprüche derselben Leben, Freiheit, Gesundheit, Ehre, Ver-
mögen und Erwerb seiner Angehörigen widerrechtlich geschädigt
worden sei. Man könne wohl den Staat in dem öffentlichen Be-
wusstsein nicht tiefer erniedrigen, als wenn man behaupte, die in
solchen Fällen durch ihn, bezw. durch seine amtlichen Organe,
herbeigeführten Schäden seien als durch höhere Gewalt herbei-
geführt anzusehen. Würde ja doch seine Action bei solcher Auf-
fassung auf einer Stufe mit derjenigen elementarer Naturgewalten
stehen, z. B. mit einer Ueberschwemmung, einer Feuersbrunst,
einer Epidemie. Es sei ein ethisches Postulat des modernen
öffentlichen Bewusstseins, dass der Staat, die Quelle des Rechts,
selbst nur Recht und nie Unrecht übe, und dass er dort, wo er
unvermeidlicher Weise Unrecht geübt habe, den Schaden nach
Kräften zu ersetzen bemüht sei. Auch hier auf dem Gebiete
des öffentlichen Rechts stehe übrigens nichts im Wege, jenes
Assecuranzprincip zur Geltung gelangen zu lassen. Denn die
Steuerleistung des Einzelnen, welche ja ihrer Wesenheit nach
als die Gegenleistung für die Beschaffung des Rechtsschutzes
und aller Bedingungen des socialen Lebens anzusehen sei, solle
denn doch wohl auch eine Assecuranzprämie dafür in sich schliessen,
dass demselben für vom Staate zugefügtes Unrecht Vergütung ge-