Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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und Vermögen noch eine besondere Genugthuung für die Schädigung 
an seinen immateriellen Gütern, wie Ehre, Freiheit, geistigem und 
körperlichem Wohlbefinden, zu gewähren°?), hat die österreichische 
Gesetzgebung bedauerlicher Weise nicht aufgenommen. Auch ist 
davon abgesehen worden, gleichzeitig die Ersatzpflicht des Staates in 
den Fällen einer unschuldig erlittenen Untersuchungshaft zu regeln ??). 
Soweit die neueste Entwickelung der österreichischen Gesetz- 
gebung! Sie bedeutet anscheinend noch keineswegs den endgül- 
tigen Abschluss der letzteren, vielmehr nur eine neue Etappe auf 
dem Wege zu weiteren Errungenschaften in der praktisch so hoch- 
wichtigen Frage der Haftpflicht des Staates aus rechtswidrigen 
Amtshandlungen. Leider hat die Gesetzgebung desdeutschen Reiches, 
welche durch ihre zahlreichen grossschöpferischen legislatorischen 
Arbeiten die Bewunderung der Welt auf sich gezogen hat, in der 
vorliegenden Materie mit einer ausländischen Legislation nicht 
gleichen Schritt zu halten vermocht. Nichts Positives nach dieser 
Richtung hin ist geschaffen, trotzdem es nicht an mannigfachen 
einschlägigen parlamentarischen Bemühungen gefehlt hat. Die 
fortdauernde Abneigung eines Theils unserer bei der Gesetzgebung 
des Reichs betheiligten Factoren gegen die Anerkennung einer 
staatlichen Haftung muss um so befremdlicher berühren in einer 
Zeit, der das Bestreben der Regierungen, für die Zufriedenheit 
und Wohlfahrt ihrer Unterthanen durch gesetzgeberische Neue- 
rungen der verschiedensten Art zu sorgen, ihr characteristisches 
Gepräge verliehen hat. Und wenn es auch lobend anerkannt 
werden soll, dass in einzelnen Staaten Deutschlands, insbesondere 
in Preussen, im Gnadenwege Manches zur Wiedergutmachung 
22) S, auch Beschluss des XVI. deutschen Juristentages. 
282) Der XIII. deutsche Juristentag hat in dieser Beziehung folgende 
Resolution gefasst: 
„Im Falle der Freisprechung oder Zurückziehung der Anklage ist für die 
erlittene Untersuchungshaft eine angemessene Entschädigung zu leisten, es 
sei denn, dass der Angeklagte durch sein Verschulden während des Verfahrens 
die Untersuchungshaft oder die Verlängerung derselben verursacht hat.“ 
Archiv für Öffentliches Recht. VII. 3. 99
	        
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