Die
vertragsmässigen Grundlagen der Reichsverfassung.
Von
ConRAD BORNHAK.
Die juristische Bedeutung der historischen Vorgänge, welche
lie Begründung des norddeutschen Bundes und des deutschen
Reiches herbeiführten, Geltungsgrund und rechtlicher Character
der Reichsverfassung sind verschieden aufgefasst worden, so lange
es ein Reichsstaatsrecht gibt. Aus den feststehenden historischen
Thatsachen hat man die entgegengesetztesten juristischen Folge-
rungen gezogen, (die keineswegs des politischen Beigeschmacks
entbehren. Als ein Beitrag zur Lösung sollen die folgenden
Ausführungen dienen.
Die für die Entscheidung zu Grunde zu legenden historischen
Vorgänge, über welche kein Zweifel besteht, sind folgende).
Allgemein anerkannt wird, dass der vormalige deutsche Bund,
der an sich auf die Dauer abgeschlossen war, durch Willensüber-
einstimmung sämmtlicher Theilnehmer, soweit sie im Jahre 1866
ihre staatliche Existenz bewahrt hatten, aufgelöst worden ist.
!) Vgl. darüber Azsını & Kuaumonn, Staatsarchiv Bd. 10 ff, Hamburg
1866 ff.; I. Hann, Zwei Jahre preussisch-deutscher Politik 1866 —1867,
Berlin 1868, sowie derselbe, Der Krieg Deutschlands gegen Frankreich und
die Gründung des deutschen Kaiserreichs, die deutsche Politik 1867—1871,
Berlin 1871. Kürzere Skizzen der staatsrechtlich erheblichen Vorgänge
finden sich in allen Lehr- und Handbüchern des Reichsstaatsrechtes.
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