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durch Begründung des norddeutschen Bundes, bezw. durch Ein-
tritt der süddeutschen Staaten in denselben unter gleichzeitiger Ab-
änderung seiner Verfassung erfüllt worden sind, steht als historische
Thatsache fest. Damit sind diese Verträge als solche, d. h. soweit
ihr Vertragscharakter in Betracht kommt, erloschen und als Ver-
träge für das heutige Recht bedeutungslos!°).
Es ist nun keineswegs ausgeschlossen, dass die den völker-
rechtlichen Vertrag erfüllende Handlung wiederum in dem Ab-
schlusse eines Vertrages besteht. Dies würde der Fall sein, wenn
der erste Vertrag als ein Pactum de contrahendo sich darstellt,
oder wenn der zweite Vertrag die Novation des ersten enthält!).
Auf eine solche Absicht der Contrahenten deutet anscheinend
eine Bestimmung des Augustbündnisses hin, welche lautet: „Die
Dauer des Bündnisses ist bis zum Abschluss des neuen Bundes-
verhältnisses festgesetzt.“ Eine Willensübereinstimmung sämmtlicher
verbündeten Regierungen liegt ferner insofern vor, als jede einzelne
derselben der Verfassung zugestimmt hat. Nun ist allerdings nicht
ohne weiteres der Schluss gerechtfertigt, dass, wo eine Willens-
übereinstimmung verschiedener Rechtspersönlichkeiten den rechts-
begründenden Act bilde, auch unter allen Umständen ein Vertrag
derselben angenommen werden müsse. Bei der Bundes- und Reichs-
verfassung scheint aber in der That der Eingang derselben, der
10%) Das schliesst nicht aus, dass eine oder die andere Bestimmung der
Verträge oder der Schlussprotocolle zwar nicht als Vertragsrecht, wohl aber
als objectives Recht oder als Interpretationsmittel desselben fortdauernde
Bedeutung hat. Auch können in die Verträge aufgenommene Bestimmungen,
welche sich nicht auf die Begründung des bundesstaatlichen Verbandes und
die Feststellung seiner Competenz beziehen, also ausserhalb des Rahmens
der Reichsverfassuug liegen, auch heute noch als Vertragsrecht gelten. Vgl.
HäÄnrEL, Studien I, S. 104 ff.
11) In ihrer Allgemeinheit unzutreffend ist daher die Behauptung von
Tarann, Staatsrecht des deutschen Reiches (2. A.), Bd. 1, S. 81, dass,
weil die Errichtung des norddeutschen Bundes die Erfüllung des August-
bündnisses enthalte, damit das vertragsmässige Verhältniss aufgehört habe,
und die staatsrechtliche Organisation an seine Stelle getreten sei.