Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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vertragsmässig festgestellten Inhalt haben müssen, sondern es wird 
die Wahl mit ihren Modalitäten unmittelbar angeordnet. Die 
Mitglieder des Reichstages sind nach Art. 29 Vertreter des ge- 
sammten Volkes, während es in einer völkerrechtlichen Ver- 
bindung nur ein Volk jedes einzelnen verbündeten Staates geben 
kann. Diese Beispiele lassen sich ins Unendliche vermehren, 
wenn man noch die folgenden, die einzelnen Verwaltungszweige 
behandelnden Abschnitte der Reichsverfassung heranzieht. 
Soviel dürfte sich nach diesen Beispielen als völlig zweifellos 
ergeben, dass die Reichsverfassung nicht nur subjective Rechte 
und Pflichten der verbündeten Staaten begründet, sondern, ohne 
dazu die Vermittlung der einzelnen Staatsgewalt in Anspruch zu 
nehmen, in die Rechtssphäre der Unterthanen derselben unmittel- 
bar eingreift. Das vermag aber kein völkerrechtlicher Vertrag. 
Es bleibt daher nur die Alternative: Entweder die Bestimmungen 
der Reichsverfassung, welche für den einzelnen Staatsangehörigen 
eine rechtliche Bedeutung haben, — und es dürfte kaum eine 
einzige sein, bei der dies nicht direct oder indirect zutrifft, — 
sind nichtig, weil die Reichsverfassung ein völkerrechtlicher Ver- 
trag ist, oder die Reichsverfassung ist noch etwas anderes als 
ein völkerrechtlicher Vertrag, weil sie in die Rechtsstellung des 
einzelnen Unterthanen eingreift. Der erstere Weg zur Lösung ist 
ausgeschlossen. Denn die Reichsverfassung bildet seit Jahrzehnten 
die Basis unseres gesammten öffentlichen Rechtszustandes, und 
es hiesse die ganze Rechtsordnung negiren, wollte man die Rechts- 
gültigkeit oder Rechtsverbindlichkeit des Inhaltes der Reichs- 
verfassung in Frage ziehen. Es ist somit bloss die Möglichkeit 
gegeben, dass die verbindliche Kraft der Reichsverfassung gegen- 
über den deutschen Staatsangehörigen eine andere Rechtsgrund- 
lage hat als die des völkerrechtlichen Vertrages. 
Hält man zunächst die Annahne fest, dass die Verbindlich- 
keit der Reichsverfassung für die Bundesstaaten auf dem zwischen 
ihnen abgeschlossenen Vertrage beruht, dass also die Reichs-
	        
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