Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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CALHOUN seinen glänzendsten politischen und juristischen Ver- 
treter fand. 
Aber auch der Auffassung der Reichsverfassung als eines 
völkerrechtlichen Vertrages für die Staaten, als eines Landes- 
gesetzes für deren Unterthanen steht der Inhalt der Reichs- 
verfassung entgegen. 
Unzutreffend ist es allerdings, schon um desswillen den 
Charakter der Reichsverfassung als eines übereinstimmenden 
Landesgesetzes der verbündeten Staaten zu leugnen, weil ein 
Landesgesetz nur der Herrschaft des Einzelstaates unterworfene 
Materien regeln könne, die Reichsverfassung dagegen die Üo- 
existenzverhältnisse verschiedener Staaten zum Gegenstand habe. 
Denn die Reichsverfassung soll ja Landesgesetz nur soweit sein, 
als das Verhältniss zu den Unterthanen des einzelnen Staates in 
Betracht kommt. Soweit dagegen die Reichsverfassung die Co- 
existenzverhältnisse verschiedener Staaten regelt, würde ihre ver- 
bindliche Kraft auf ihrem völkerrechtlichen Charakter als Vertrag 
beruhen und, wenn diese Bestimmungen gleichfalls als Landes- 
gesetz genehmigt und publicirt wurden, so würde es sich um 
einen unverbindlichen Gesetzesinhalt handeln, wie bindend auch 
immer der Vertrag sein mag. 
Auch der Umstand kann nicht als entscheidend ins Gewicht 
fallen, dass das Reich souverän sei, weil es seine eigene Competenz 
und damit die der Einzelstaaten bestimme, und dass es um dess- 
willen Träger eigener, von denen der Einzelstaaten verschiedener 
Herrschaftsrechte sein müsse’). Denn einmal bestimmt das 
Reich gar nicht seine Competenz in souveräner Weise (Veto 
Preussens bei allen Verfassungsänderungen, Reservatrechte). 
Ausserdem schliesst aber die Souveränetät des Reiches in seiner 
Herrschaftssphäre die der Einzelstaaten in der ihrigen nicht aus'®). 
15) Vgl. LaBann a. a. O. Bd. 1, S. 83 ff. 
16) Vgl. darüber die Ausführungen in meinem Preussischen Staatsrechte, 
Bd. 1,8 11. 
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