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Geltung. Damit waren die Landesgesetze gegenstandlos geworden.
Sie wurden durch das den Landesgesetzen vorgehende Bundes-
recht absorbirt und traten mit dem Augenblicke ihres Inkraft-
tretens wieder ausser Kraft, nachdem sie ihre Aufgabe der Legi-
timation des Bundesstaates und seiner Verfassung erfüllt hatten.
Die Bundesverfassung verpflichtete in ihrer Eigenschaft als Bundes-
gesetz aber nicht nur die Staatsangehörigen, sondern auch die
Staaten. Die Unterwerfung derselben unter die Bundesstaats-
gewalt beruhte hinfort nicht mehr auf einem zwischen den Staaten
abgeschlossenen Bundesvertrage, sondern auf dem Bundesrechte.
Damit verlor auch der Bundesvertrag als solcher seine Wirksam-
keit wieder in demselben Augenblicke, in dem er wirksam ge-
worden war, nachdem er die Staaten verpflichtet hatte, die neue
Bundesstaatsgewalt innerhalb ihrer Sphäre als eine über ihnen
stehende Macht anzuerkennen. Die Bundesverfassung trat daher
an die Stelle des Bundesvertrages wie der zu seiner Ausführung
erlassenen Laandesverfassungsgesetze.
Hatte nun der Eingang der Bundesverfassung, der von einem
Vertragsschlusse der Staaten zur Erreichung und Sicherung ge-
wisser Bundeszwecke spricht, schon mit dem Charakter eines
Landesgesetzes im Widerspruche gestanden, so war ein solcher
Widerspruch in gleicher Weise vorhanden, nachdem die Verfassung
Bundesgesetz geworden war. Dass das Landesgesetz wie das
Bundesgesetz den Eingang des Bundesvertrages übernahm, beruhte
auf folgenden Gründen. Soll ein völkerrechtlicher Vertrag in
allen seinen Theilen für die Unterthanen der contrahirenden Staaten
verbindlich werden, so erscheint es als das einfachste Mittel, den
ganzen Vertrag einschliesslich des für ein Gesetz ganz bedeutungs-
losen Einganges, der den Vertragsabschluss bekundet, als Gesetz
zu verkünden, Da die deutsche Praxis dies, wie ein Blick in die
(sesetzsammlungen zeigt, bisher regelmässig gethan hatte, so lag
keine Veranlassung vor, bei Publication der Bundesverfassung
als Laandesgesetz von (dieser Gepflogenheit abzuweichen. Sie
Archiv für öffentliches Recht. VII. 3. 24