Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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keinen principiellen Unterschied zwischen Criminal- und staatlicher 
Disciplinarstrafe an; dasselbe behauptet LıszT von der Ordnungs- 
strafe im Verhältniss zur Criminalstrafe. Diese Ansicht hat 
jedenfalls im bestehenden Recht keinen Grund; denn auf Grund 
positiver Bestimmungen können wegen derselben Handlung Ord- 
nungs- und Disciplinarstrafe neben der staatlichen Strafe aus- 
gesprochen werden; daraus ergiebt sich der zwingende Schluss, 
dass das positive Recht einen principiellen Unterschied zwischen 
den genannten Strafarten annimmt. 
Andere Rechtslehrer!) kommen dahin überein, dass der 
Unterschied zwischen öffentlichem, d. h. Criminalstrafrecht und 
Dienststrafrecht auf die Verschiedenheit der Gewaltverhältnisse 
sich gründe, deren Ausfluss beide seien. Denn das Dienststraf- 
recht sei ein Ausfluss der Dienstherrlichkeit, des Gewaltverhält- 
nisses, in das der demselben Unterworfene durch speciellen Ver- 
trag mit dem Dienstherrn trete, während das öffentliche Straf- 
recht auf der öffentlich rechtlichen Strafgewalt des Herrschers 
gegen den Unterthanen beruhe. Diese Theorie ist abzulehnen, 
wenn unter dem disciplinaren Gewaltverhältniss eine über die blosse 
Strafbefugniss bei Dienstvergehen hinausgehende potencirte Macht- 
sphäre verstanden wird, wie sie dem Vater gegenüber dem Kind 
zukommt, dem Lehensherrn gegenüber dem Vasallen zukam. 
Dem Dienstherrn steht eine derartige Gewalt gegenüber dem Be- 
amten nicht zu, was sich schon daraus ergibt, dass der Beamte 
jederzeit einseitig das Gewaltverhältniss lösen kann. Die Theorie 
enthält jedoch einen richtigen Kern, sofern sie die Verschieden- 
heit zwischen Criminalstrafe und Disciplinarstrafe nicht in der 
Strafe selbst, sondern in den Verhältnissen, aus welchen die Strafe 
in H.H. III, S. 941; Zorn, R.-St.-R. I, S. 243; G. Meyer, Annalen 1876, 
S. 672. 
18) LABAnD, Reichsstaatsrecht, Bd. I, S. 447ff.; Schutze, Lehrbuch des 
deutschen Strafrechts, Bd. I, S. 132, Renm, Die rechtliche Natur des Staats- 
dienstes in Hirth’s Annalen, Jahrgang 1885, S. 192.
	        
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