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II.
Die Ordnungsstrafe als autonome Strafe.
Wir haben oben die autonome Strafe als diejenige Strafe
bezeichnet, welche ein vom Staat verschiedener Rechtskreis kraft
des ihm vom Staat verliehenen Strafrechts für die Verletzung
seiner Interessen, bezw. seines Rechts verhängt; und als autonomes
Strafrecht die staatlich verliehene oder anerkannte Befugniss
eines derartigen Rechtskreises, die Verletzung seiner besonderen
Rechtssphäre, seiner besonderen Interessen mit Strafe zu belegen.
Aus dieser Begriffsbestimmung geht hervor: Die autonome
Strafe steht in der Mitte zwischen öffentlich-rechtlicher und Oon-
ventionalstrafe, von beiden durch wesentliche Unterschiede getrennt.
Von der Conventionalstrafe unterscheidet sie sich, wie schon
oben ausgeführt, dadurch, dass die Befugniss zur Verhängung der
Strafe dort auf Vertrag, hier auf staatlicher Ermächtigung beruht,
und dass somit die autonome Strafe im Gegensatz zur Conventional-
strafe Strafe im Rechtssinne ist.
Im Verhältniss der öffentlich-rechtlichen Strafe zur auto-
nomen Strafe tritt der Unterschied zwischen beiden Strafarten
hauptsächlich in zwei Punkten hervor: 1. in der Verschiedenheit
des Strafenden, 2. in der Verschiedenheit des Rechtsbruches.
ad 1. Bei der öffentlich-rechtlichen Strafe straft der Staat
und zwar als Inhaber der öffentlich-rechtlichen Strafgewalt. Die
strafende Behörde ist bei Verhängung einer öffentlich-rechtlichen
Strafe Vertreterin des Staats, in seinem, bezw. im Namen seines
höchsten Oberhaupts übt sie das Öffentliche Strafrecht aus.
Bei der autonomen Strafe hingegen ist Subject des Straf-
rechts ein vom Staat als dem Inhaber der öffentlich-rechtlichen
Strafgewalt verschiedener Rechts- oder Lebenskreis oder eine
staatliche oder nichtstaatliche Behörde, die nicht in Ausübung
öffentlichen Strafrechts, sondern kraft eigenen, vom Staate ver-
liehenen oder anerkannten Strafrechts Strafe verhängt.