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Disciplinarstrafe herrscht über ihre rechtliche Natur (s. oben
S. 377ff.). Während die Einen jeden begrifflichen Unterschied
zwischen öffentlicher und disciplinärer Strafe läugnen*°), erklären
Andere, die Disciplinarstrafe sei überhaupt keine Strafe, sondern
entweder ein pädagogisches Zuchtmittel‘”), oder eine Art des
Erfüllungszwanges, ein Mittel, um die Erfüllung einer Pflicht zu
erzwingen?°), die sich aus der Unterworfenheit unter ein Gewalt-
verhältniss ergebe.
Unseres Erachtens ist die Disciplinarstrafe nichts weiter als
eine Unterart. der autonomen Strafe. Sie trägt alle diejenigen
Kennzeichen an sich, welche der autonomen Strafe eignen. Denn
einmal ist Subject der Disciplinarstrafe immer ein vom Staat als
dem Inhaber der öffentlich-rechtlichen Strafgewalt verschiedenes
Rechtssubject, und dann wird bei der Disciplinarstrafe niemals
gestraft wegen Bruchs des öffentlichen Rechts, sondern wegen
Verletzung besonderer, gesellschaftlicher Interessen. Wo neben
diesen durch dieselbe Handlung noch das öffentliche Recht ver-
letzt ist, tritt neben der Disciplinarstrafe öffentliche Strafe ein.
Die Disciplinarstrafe ist diejenige autonome Strafe,
welche ein vom Staat mit Strafrechten ausgestatteter
Rechtskreis gegen die Angehörigen dieses Rechtskreises
verhängt. Die autonome Strafe an und für sich ist begrifflich
nicht auf Angehörige eines bestimmten Rechtskreises beschränkt.
Sie kann auch Personen treffen, welche nur vorübergehend mit
dem Rechtskreis in Berührung kommen, ihn nur streifen. Die
autonome Strafe hat zwar immer ein bestimmtes strafberechtigtes
Subject, aber nicht immer ein bestimmtes, in dauernden
Beziehungen zu dem Rechtskreis stehendes Object. Wo dies
jedoch der Fall, wo die autonome Strafe nur Angehörige eines
bestimmten Rechtskreises trifft, da spricht man von Disciplinar-
#8) So HEFFTER, MEVES, ScHÜTZE, von Pözı.
49) So Bmpine.
60) So LABanD,.