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andern gelten. So kann dieselbe That öffentliche Bestrafung und
mehrfache autonome Bestrafung nach sich ziehen’). Wohl aber
kann bei einer autonomen Bestrafung auf eine bereits erfolgte
öffentliche Bestrafung Rücksicht genommen werden, während der
Strafrichter eine autonome Bestrafung höchstens beim Strafaus-
mass berücksichtigen darf. — Weiter ergeben sich aus dem
principiellen Unterschied zwischen autonomer und öffentlich-
rechtlicher Strafe wichtige Folgerungen, die wir im Folgenden
wenigstens kurz andeuten wollen.
Vor allem steht fest, dass die Regeln des allgemeinen Theils
des Reichsstrafgesetzbuches auf die autonome Strafe keine An-
wendung finden, so insbesondere nicht die Lehre von der Drei-
theilung der strafbaren Handlungen, da die mit autonomer Strafe
bedrohten Handlungen keine „strafbaren Handlungen“ im Sinne
des Gesetzes sind°®). Ferner greifen die Regeln über die Straf-
ausschliessungsgründe, über das jugendliche Alter, über Versuch,
Theilnahme, Verjährung, Strafenconcurrenz nicht Platz, ebenso
kann eine autonome Geldstrafe nicht nach Massgabe der 88 28 ff.
R.-St.-G.-B. in Freiheitsstrafe umgewandelt werden.
Was vom allgemeinen Theil des Strafrechts gilt, gilt auch
vom Strafprocess; das Verfahren bei Verhängung der autonomen
Strafe bewegt sich nicht in den Formen der Reichsstrafprocess-
ordnung, sondern ist, wenn es überhaupt eine Regelung gefunden
55) Setzen wir den Fall, dass ein Rechtsanwalt, der zugleich Reserve-
offizier ist, in der Sitzung einen Richter in gemeiner Weise beleidigt. Diese
That wird öffentlich-rechtliche Bestrafung, dann autonome Bestrafung nach
$ 180 R.-G.-V.-G., nach der Rechtsanwaltsordnung und nach der Verordnung
über die Ehrengerichte zur Folge haben.
5%) Somit kann, wer zur Begehung einer nur mit autonomer Strafe be-
drohten Handlung auffordert, nicht aus dem $ 111 R.-St.-G.-B., wohl aber
eventuell aus dem $ 110 gestraft werden. Dagegen trifft einen Beamten, der
eine unberechtigte autonome Strafe vollstrecken lässt, die Strafe des $ 345
R.-St.-G.-B. So auch OLsHAausen’s Commentar zum R.-St.-G.-B. 3. Aufl. zu
SS 111 und 345.