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hat, speciell geregelt. Dies gilt selbst da, wo Gerichte autonome
Strafen verhängen; denn da sie hierbei nicht in Ausübung staat-
licher Strafrechte, sondern kraft eigenen Rechts handeln, so kann
auch das Verfahren, wie es für das öffentliche Strafrecht gilt, nicht
Anwendung finden. Wir bemerken daher immer eine specielle
Normirung des Verfahrens, der zulässigen Rechtsmittel u. s. w. bei
der autonomen Strafe (R.-G.-V.-G. 8 56, R.-St.-P.-O. 88 50
und 69, R.-C.-P.-O. 88 345, 355), eventuell die Bestimmung,
dass die Strafprozessordnung analoge Anwendung zu finden habe
(so Rechtsanwaltsordnung 8 66).
Die Berechtigung des Reichs, gewisse Rechtskreise mit
autonomem Strafrecht auszustatten, beruht nicht auf Art. 4
Z. 13 der Reichsverfassung, welcher dem Reich die gemein-
same Gesetzgebung über das Strafrecht zuweist. Denn unter
der „Gesetzgebung über das Strafrecht“ ist hier nur die
Gesetzgebung auf dem Gebiet des öffentlichen Strafrechts ver-
standen. Vielmehr beruht die oben genannte Berechtigung auf
den gesetzlichen Bestimmungen, welche dem Reich die Legislative
auf einem bestimmten Rechtsgebiet überhaupt gewähren. In der
Befugniss, eine gewisse Materie zu regeln, ist stets auch die Be-
fugniss zum Erlass strafrechtlicher Bestimmungen auf diesem Ge-
biet — seien diese nun öffentlich-rechtlich oder autonom —
enthalten. So ist im Recht des Reichs zur Legislative auf
dem Gebiet des Gewerbe- oder des Versicherungswesens, wie
dasselbe in Art. 4 Z. 1 der Reichsverfassung festgestellt ist, die
Befugniss enthalten, die Innungen und die corporativen Verbände
auf dem Gebiet des Versicherungswesens mit autonomen Straf-
rechten auszustatten. — Schliesslich sei noch erwähnt, dass das
autonome Strafrecht in seinen Strafmitteln nicht an die in $ 6
E.-G. zum R.-St.-G.-B. genannten Strafarten, welche sich nur
auf die öffentlich-rechtliche Strafe beziehen, gebunden ist”).
57) So ist die Einschätzung in eine höhere Gefahrenklasse oder die
Heranziehung zu doppelten Beiträgen, wie sie sich z. B. in$ 782.1 des Un-