Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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beeinflussen. Ist jedoch die Zeugenstrafe autonome Strafe, so 
ist, gleichviel ob sich 8 138 R.-St.-G.-B. auf sie bezieht oder 
nicht, bei dem Vorliegen des strafbaren T'hatbestandes aus & 138 
wegen der Verletzung zweier von einander total verschiedener 
Rechtskreise auch zweimalige, öffentlich-rechtliche und autonome 
Strafe gerechtfertigt und nothwendig. Für den Charakter der 
Zeugenstrafe als autonomer Strafe spricht auch die specielle Re- 
gelung des Verfahrens und der zulässigen Rechtsmittel bei der 
Zieugenstrafe — so findet gegen die Zeugenstrafe eines Oivil- 
gerichtes civilprocessuale Beschwerde statt —, ferner die Aehn- 
lichkeit des ganzen Verfahrens bei Verhängung einer Zeugenstrafe 
mit dem Verfahren bei Verhängung einer ÖOrdnungsstrafe nach 
8 56 R.-G.-V.-G.; dagegen spricht nicht, aus den vorerörterten 
(sründen, dass ein Zwang zur Verhängung der Strafe besteht. 
Wird diese Auffassung als richtig angenommen, so ergeben 
sich zwar grosse gesetzgeberische Lücken, die de lege ferenda 
allerdings dazu führen könnten, die Zeugnissweigerung zu einem 
öffentlich-rechtlichen Delict zu machen, die aber de lege lata nur die 
Unzweckmässigkeit beweisen, dass die Zeugnisspflicht lediglich unter 
autonomen Strafschutz gestellt wurde, nicht aber gegen den Charakter 
der Zeugenstrafe als autonomen Strafe angeführt werden können. 
Es kann nämlich, da die Zeugnissweigerung keine strafbare 
Handlung im Sinn des Reichsstrafgesetzbuches ist, die öffentliche 
Aufforderung zu derselben, nicht aus $ 111 R.-St.-G.-B., sondern 
nur aus $ 110 gestraft werden. Ferner kann und muss die 
Zeugenstrafe auch gegen strafunmündige ($ 55 R.-St.-G.-B.) 
Personen verhängt werden, wenn dieselben auf ordnungsmässige 
Ladung hin nicht erscheinen®'), — Eine Umwandlung der als 
Zeugenstrafe verhängten Geldstrafe in Freiheitsstrafe kann nur, 
wo die Processgesetze sie für zulässig erklären, und dann nur nach 
eı) A. A. STENGLEIN, Commentar zur Reichsstrafprozessordnung zu 
$ 50 R.-St.-P.-O., der sich zur Begründung jedoch nur auf den nicht ein- 
schlägigen $ 55 R.-St.-G.-B. beruft. 
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