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aber nicht erschöpfend, denn sie setzt eine weitere Definition über
das voraus, was Öffentliches und was privates Interesse sei. Und
was Gareıs zur Aufklärung dieser letzteren Begriffe bemerkt, ist
ebensowenig erschöpfend: „Man muss sich bei jedem Rechtssatze
die Frage vorlegen: In wessen Interesse ist die Norm zunächst
erlassen, wessen Nutzen wird durch sie unmittelbar gefördert
(mittelbar und in zweiter Linie nützt das Öffentliche Recht meist
auch den Privaten, das Privatrecht den Gemeinwesen)‘.
Wenden wir diesen Satz z. B. auf die Unfallversicherung
an. Wessen Nutzen soll durch dieselbe unmittelbar gefördert
werden? Das Wohl der Arbeiter. Also liegen nach GArEıs private
Interessen vor, die Unfallversicherung gehört in das Privatrecht,
man ist aber wohl über das Gegentheil einig.
Dabei ist diese ganze Interessenfrage um so schwieriger, als
es sehr viele Interessen gibt, die beide Sphären berühren. Die
Regelung der Ehe z. B. bietet privates wie öffentliches Interesse.
Ist sie darum öffentlichen Rechtes? Schliesslich hat auch das
Eigenthum eine öffentliche Seite.
Der Unterschied wird vielmehr in der besonderen Stellung-
nahme des Staates zu dem betreffenden Rechtsinstitute zu finden
sein. Oeffentliches Recht setzt daher den Begriff „Staat“ (un-
mittelbar oder mittelbar, z. B. für das Recht der öffentlichen
Corporationen) voraus; privates Recht kann auch ohne den Staat,
z. B. lediglich in der Familie existiren. Der Staat ist derjenige
Factor, durch dessen besondere Antheilnahme allein ein Rechts-
gebilde zu einem öffentlich-rechtlichen gestempelt werden kann.
Wenn der Staat z. B. zur Krankenversicherung der Fabrikarbeiter
eine andere Stellung einnimmt, als zu der Versicherung der übrigen
Unterthanen, so wird erstere öffentliches Recht, letztere bleibt
Privatrecht. Eine solche besondere Antheilnahme wird der Staat
natürlich nur widmen, wenn ihn seine eigenen Interessen dazu
veranlassen. Diese sind aber lediglich das treibende Motiv, nicht
Begriffismerkmal. Nehmen wir z.B. an: Die Regelung der Lebens-
Archiv für öffentliches Recht. VII 1. 3