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Erbländer die neugeschaffene „oberste Justizstelle*. Die beiden Grundgedanken
dieser Behördenreform, die Trennung der Justiz von der politischen Ver-
waltung und die Centralisirung der obersten Jutizverwaltung und Recht-
sprechung erfuhren allerdings in der Folge Modificationen. Im Jahre 1797
kommt es vorübergehend zur Aufhebung der Behörde und zur Vereinigung
ihrer Agenden mit der Hofkanzlei, aber schon 1802 ist sie wieder hergestellt.
Sie centralisirt in einem besonderen Senat 1803 und definitiv 1815 auch die
Justiz für die italienischen Länder, nachdem durch die Aenderung im Staats-
gebiet bereits im Jahr 1780 die Constituirung eines besonderen galizischen
Senats nothwendig geworden war. Im Jahre 1833 fungirt die „oberste Justiz-
stelle“ zum ersten Male in Folge Beschlusses der deutschen Bundesversamm-
lung als Austrägalinstanz, und seit 1838 bestand für diese Jurisdietion der
obersten Justizstelle ein permanenter Senat. Der Grundcharakter der Be-
hörde wurde 1833 dadurch modifizirt, dass ihr die letzte Entscheidung über
(efällsübertretungen zugewiesen wurde. Die Verwaltungsreformen des Jahres
1848 endlich schufen ein besonderes Justizministerium und beschränkten damit
die oberste Justizstelle ausschliesslich auf die Rechtsprechung.
Die weiteren Abschnitte bringen Ausweise über die Thätigkeit der Be-
hörde 1749—1848, die, abgesehen von anderen Rücksichten, durch charakte-
ristische Beifügungen der Kaiserin Maria Theresia bemerkenswerth sind —,
ferner Verzeichnisse und Biographien der höchsten Beamten und Anwälte
dieser Behörde und der Mitglieder jener Commissionen, welche an den öster-
reichischen Codificationen betheiligt waren. Eben in der Erweiterung dieses
für die österreichische Rechtsgeschichte werthvollen biographischen Theils
liegt der Vorzug der zweiten Auflage dieses Werks, das als ganzes wohl be-
ziehungsreicher gestaltet werden konnte, aber auch in der gegebenen Form
sich als ein wichtiger Beitrag zur österreichischen Rechtsgeschichte darstellt.
— In einem Anhange (S. 347—483) sind schliesslich die wichtigsten ein-
schlägigen Verordnungen abgedruckt.
Wien. Sigmund Adler.
Hermann Hüffer, Die Kabinetsregierung inPreussen und Johann
Wilhelm Lombard, ein Beitrag zur Geschichte des preussischen
Staates, vornehmlich in den Jahren 1797 bis 1810, mit zwei Portraits
in Lichtdruck, Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot, 1891.
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Von dem vielgestaltigen Geäste des preussischen Behördenorganismus
des Ancien röegime hat wohl kein Zweig von je her in höherem Masse die
Aufmerksamkeit des Historikers und des Politikers verdient und gefunden als
das Kabinet. Unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Grossen an-
scheinend noch gar nicht vorhanden, erlangt das Kabinet unter seinen Nach-
folgern wie mit einem Zauberschlage die Bedeutung eines Krystallisations-
punktes der ganzen Verwaltung. Trotz allgemeiner Anfeindung seitens der