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derjenigen beträchtlich, welche zu KocH-Jastrow’s Formularbuch greifen, um
auf wichtige Fragen die zutreffende Antwort zu erlangen. W.
Dr. Max Menger, Der Böhmische Ausgleich. Stuttgart 1891, Cottasche
Buchhandlung (298 S.).
Der Verfasser, eines der hervorragendsten Mitglieder des österreichischen
Reichsrathes, behandelt in der vorliegenden Schrift die neueste Phase der
österreichischen Verfassungsgeschichte. Die constitutionelle Verfassungsform
hat sich in Ländern mit vorwiegend einheitlicher Nationalität entwickelt, so
dass innerhalb derselben politische und wirthschaftliche Fragen für die Partei-
bildung entscheidend sind. Die Form steht im Grossen und Ganzen fest,
nur die in dieser Form hervorzubringende Staatsthätigkeit, die Wirksamkeit
der Staatsgewalt, steht in Frage. Dem entgegen spielen in Oesterreich natio-
nale Unterschiede weitaus die grösste Rolle in der Parteibildung, so zwar,
dass nicht bloss die Staatsthätigkeit, sondern auch die verfassungsmässige
Organisation selbst den Gegenstand eines zum Theil heftigen Streites bildet.
Der „böhmische Ausgleich“ ist nun der neueste Versuch, die Reibungen,
welche in Folge der Gegensätze der Nationalitäten speziell in Böhmen vor-
kommen und von ungünstigen Folgen für die gesammte innere Entwicklung
des österreichischen Staates sind, soweit möglich zu beschränken.
Der ebenso gelehrte, wie federgewandte Verfasser liefert in dem vor-
liegenden Buche eine politische Schrift im besten Sinne des Wortes, eine
Schrift, die nicht nur über die Bedeutung der Tagesliteratur hinausragt und
der künftigen Darstellung der österreichischen Verfassungsgeschichte mehr-
fach als Quelle dienen wird, sondern auch darüber hinaus für die allgemeine
Gesetzgebungspolitik von Bedeutung ist. M. sagt mit Recht: „Die Verhand-
lungen der Ausgleichsconferenz und des böhmischen Landtages bieten einen
ebenso wichtigen, wie kaum anderswo in ähnlicher Vollständigkeit vorhande-
nen Beitrag zu einer der schwierigsten Fragen der praktischen Politik: wie
die im Staate mit einheitlicher Nationalität entstandenen Verfassungs- und
Verwaltungsformen in Ländern mit verschiedener Nationalität zu ändern
seien, um jeder Nationalität Sicherheit vor Bedrückung zu gewähren.“ M.'s
Schrift ist nun ebenfalls ein beachtenswerther Beitrag für diese Frage der
Politik: für die Staatsrechtswissenschaft, deren Gegenstand vor allem
das positive Recht ist, sind jedoch politische Schriften überhaupt von secundärer
Bedeutung, und desshalb dürfte es im Rahmen dieser Zeitschrift nicht an-
gemessen sein, dem Verfasser im Einzelnen zu folgen. Von actuellem und
hohem Werth ist die Schrift als eine gründliche Abfertigung der ausgleichs-
und deutschfeindlichen jungtschechischen Verhetzungen. Darüber hinaus ist
das Buch, bei dem noch die erschöpfende Zusammenstellung des gesammten
einschlägigen Materiales in 13 Beilagen und die durchaus vornehme Schreib-