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die Regierung als das zur Vertretung nach Aussen berufene Organ den Ver-
trag im eigenen Namen oder im Namen des organischen Ganzen abschliesst.
Die im Einverständniss der gesetzgebenden Organe abgeschlossenen Verträge
binden jedoch wiederum das organische Ganze, mit der Folge, dass, wenn
die Regierung den Vertrag im eigenen Namen abschliesst, letzterer durch
das Einverständniss der massgebenden Organe zum Vertrage des organischen
Ganzen wird, und dass, wenn umgekehrt die Regierung im Namen des organi-
schen Ganzen abschliesst, der Vertrag bis zum Eintritte des Einverständnisses
Vertrag der Regierung bleibt, bei fehlender Zustimmung aber wegen Un-
möglichkeit der Erfüllung zerfällt.
Somit ergeben sich aus der Darstellung der organischen Einheit, die
kein Subject ist, aber als Subject behandelt wird, der trotz gleichzeitiger
Verneinung specifisch staatlicher Zwecke doch bestimmte Aufgaben zu-
geschrieben werden, in der weiteren Entwicklung mannichfache Gegensätze,
die der erforderlichen Ausgleichung entbehren; es dürften daher die be-
handelten Fragen kaum eine wesentliche Förderung erfahren haben, und
ebensowenig ist schon nach dem Gesagten zu verkennen, dass die auch sonst
hervortretenden Bedenken (vgl. z. B. S. 43 die Gegenüberstellung von Absolu-
tismus, Constitutionalismus und Demokratie) keineswegs ausschliesslich auf
die zum Theil weniger präcise Fassung zurückzuführen sind. Daneben be-
stätigt sich die Erscheinung, dass die Darstellung des allgemeinen Staatsrechts
leicht concrete staatliche Organisationen, hier diejenigen der Schweiz, als
typisch behandelt, damit aber eine einseitigere Färbung erhält. Die Schwierig-
keiten, die demgegenüber an sich mit der gestellten Aufgabe verbunden sind,
erhöhen sich unverkennbar zu einer Zeit, in welcher die staatlichen Neu-
bildungen in dem Entwicklungsgange des Öffentlichen Rechtes zu neuen
Fragen führen, die noch der befriedigenden Lösung barren. Berücksichtigung
findet dieser Zustand in den zahlreichen kritischen Bemerkungen, die der
Verfasser seinen Ausführungen hinzugefügt hat. Handelt es sich bei ihnen,
schon wegen des eng bemessenen Raumes, auch nicht um eine erschöpfende
Darstellung der Einzelfragen, so bilden sie doch in ihrer objectiven Fassung eine
schätzenswerthe Ergänzung des Buches, indem sie zugleich in wesentlichen
Punkten den heutigen Stand der staatsrechtlichen Doctrin in kurzer Uebersicht
zur Darstellung bringen, und auf diese Weise, der Absicht des Verfassers ent-
sprechend, die wünschenswerthe Kenntniss der Staatseinrichtungen verbreiten,
damit aber die rechtliche Würdigung derselben fördern. Dr. Trieps.
Stölzel, Ueber das landesherrliche Ehescheidungsrecht. Berlin
1891 (104 8).
Hubrich, Das Recht der Ehescheidung in Deutschland. Berlin
1891 (VIII. 278 S.).
Der Herr Verfasser der erstgenannten Schrift, der schon zu wiederholten
Malen sich mit dem landesherrlichen Ehescheidungsrecht beschäftigt hat, hat