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die fernere Zulässigkeit jenes landesherrlichen Rechts nicht bedenklich sein.
Ebensowenig wie anerkanntermassen die vom objectiven Eherecht bis dahin
dem Landesherrn zugestandene Befähigung beseitigt worden sei, Ehehinder-
nisse durch Erlass „echter“ Dispensationen zu beheben, habe er die bis dahin
kraft objectiven Rechts ausgeübte Macht verloren, das Rechtsverhältniss einer
concreten Ehe durch Anordnung eines Rechtssatzes aufzulösen. Was aber
das Reichspersonenstandsgesetz anlange, so habe es auch die bisherige Gel-
tung des landesherrlichen Rechts nicht zu schmälern vermocht. Vielmehr
hätten die in dieser Beziehung etwa in Betracht kommenden $$ 40, 76 die
landesherrliche Ehescheidung, welche weder Dispensation von einem Ehe-
hinderniss, noch ein Akt streitiger Gerichtsbarkeit sei, in dem bis dahin er-
laubten Umfange belassen müssen. Weder der gedachte 8 76, noch $ 568
der Reichscivilprozessordnung sagten aber, dass Ehescheidungen nur durch
Richterspruch vorgenommen werden könnten. Nur eine Beschränkung will
Verfasser mit Rücksicht auf $ 76 machen und steht damit im Einklang mit
‘der STÖLZEL’schen Auffassung. Er sagt nämlich, dass der Landesherr das Vor-
handensein anerkannter Scheidegründe nicht zum Anlass nehmen darf, Ehen
zu trennen. Vielmehr sei er verpflichtet, wenn er unter Berufung auf solche
um Ausspruch der Ehetrennung angegangen werde, das Gesuch schlechthin
zurückzuweisen.
Wenn Verfasser es bedauert (S. 265), dass die Redactoren des Ent-
wurfes das landesherrliche Scheidungsrecht nicht aufgenommen haben, so kann
ihm darin nicht beigestimmt werden. Dasselbe dürfte um so eher entbehrlich
werden, als der Entwurf dem richterlichen Ermessen in Betreff der Schei-
dungsgründe einen durchaus genügenden Spielraum gewährt hat.
Was im Uebrigen das Husrıcn'sche Werk anlangt, so ist es mit an-
erkennenswerthem Fleiss und Verständniss geschrieben und erfüllt unzweifel-
haft seinen Zweck, eine vorhandene Lücke auszufüllen. Wenn, wie auch Pro-
fessor ZoRN, dem der Verfasser die Anregung zu seiner Schrift verdankt, in
der von ihm herrührenden Vorrede hervorhebt, nicht immer den vom Ver-
fasser gewonnenen Ergebnissen beizustimmen ist, so soll ihm daraus kein Vor-
wurf gemacht werden und der Werth des Buches, das für den Theoretiker
wie für den Praktiker von gleicher Bedeutung ist, erleidet dadurch keine
Beeinträchtigung. Verfasser behandelt in demselben nicht bloss das gemeine
katholische und evangelische Ehescheidungsrecht, sondern auch das Ehe-
scheidungsrecht nach dem preussischen Allgemeinen Landrecht und nach dem
Code Napoleon und beschäftigt sich zum Schluss eingehend mit den Be-
stimmungen des Entwurfes.
Kiel. Frantz,