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sie in den Öffentlich bekannt gegebenen Bedingungen die Herstellung
der von Mietern beantragten Anschlüsse von der Beibringung der
Erlaubniss der Hauswirte abhängig machte. Beantragt nun ein
Mieter den Anschluss, ohne dass sein Wirt eingewilligt hat, sein
Gebäude mit Telegraphengestängen besetzen zu lassen, so stützt
sie sich auf diesen Punkt ihrer Bedingungen und ist damit, weil
ihr die völlige Freiheit in der Feststellung der Bedingungen nach
dem Wortlaute des $ 6 zur Seite steht, formell ganz ın ihrem
Recht. Nichts destoweniger würde solche Bestimmung, wenn sie
ın den nach Erlass des Gesetzes ausgegebenen Bedingungen
wieder Aufnahme fände, gegen den vom Gesetzgeber beabsich-
tigten Sinn des Paragraphen verstossen. Denn sie würde das
gesetzlich zugebilligte Recht eines Theiles des Publikums ver-
kümmern, indem sie ıhm Bedingungen auferlegt, deren Erfüllung
in vielen Fällen ausserhalb seiner Macht steht. Gerade weil allein
der Staat die Fähigkeit hat, solche Unternehmungen durchzu-
führen, an welchen die Kräfte des Einzelnen sich als ungenügend
erweisen, darum legt man ja im Vertrauen auf beste Besorgung
solche Aufgaben in seine Hände. Die Zukunft wird zeigen, wie
weit die Verwaltung ohne ausdrücklich und klar festgestelltes
Recht den Pflichten gegen Jedermann zu genügen im stande ist,
welche ihr der $ 6 des Telegraphengesetzes auferlegt *°).
25) Vergl. zu dieser Frage die Drucksachen des Reichstags No. 460,
S. 13 ff. und 676, S. 2 ff., sowie die Sten. Ber. S. 4371 ff. M. E. sind die
Anschauungen der Verwaltung, dass es sich bei der unentgeltlichen Hergabe
von Grundstücken zur Anlage von Fernsprechleitungen nur um die
Erfüllung einer Bürgerpflicht handelt, durchaus gerechtfertigt, so weit es
sich um den Anschluss der fraglichen Häuser selbst handelt. Anders liegt
die Sache, wenn die Einrichtung von Gestängen für den Durchgangsverkehr
von Stadttheil zu Stadttheil in Frage kommt. Wenn auch in solchem Falle
die Verwaltung geneigt ist, die Pflicht zu unentgeltlicher Hergabe aus den
allgemeinen Bürgerpflichten herzuleiten, so überschreitet sie die Grenzen der
Billigkeit. Es ist bezeichnend für die grosse Opferwilligkeit unserer Bürger,
dass sie gegen die übertriebenen Forderungen noch nicht Front gemacht hat.
Eine allgemeine Opposition würde bei der jetzigen Lage der Dinge die weitere