Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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festgestellt werden, allerdings „auf Grundlage der Feststellung 
für die einzelnen Orte und Bezirke durch die dazu berufenen 
örtlichen Behörden“. Andrerseits soll jeder Wahlfähige berechtigt 
sein, eine Partei zur Wahl anzumelden. Bei der Neigung der 
Deutschen zur Sonderbündelei kann es nicht fehlen, dass in Folge 
der letzteren Bestimmung neben den seitherigen Parteien, deren 
Zahl doch schon gross genug ist, noch mindestens ein Dutzend 
weiterer Parteien auftreten: da kommt die Antisemitenpartei, kommt 
die Partei Hahnemannia, die den Impfzwang bekämpft, kommt die 
Temperenzpartei u. s. w., und jede dieser „Parteien“ findetdurch ganz 
Deutschland hindurch einzelne Anhänger. Da denke man sich 
nun die Arbeit der „Reichswahlbehörde‘! Wenn sie nicht hinter- 
her mit zallosen Wahlanfechtungen überschwemmt werden will, 
so muss sie die Feststellungen der Lokalbehörden nachprüfen ; 
das ist eine Arbeit, die sich der Feststellung der Ergebnisse einer 
allgemeinen Volkszählung nähert, also nicht bloss Wochen, sondern 
Monate in Anspruch nähme, und ehe sie fertig ist, kann der 
neugewählte Reichstag nicht zusammentreten! 
Noch gewichtiger erscheint mir das andere, rechtliche Be- 
denken. Parteien sind in einem freien Gemeinwesen unvermeidlich 
und nothwendig, aber ebenso zweifellos ist es mir, dass der Staat 
niemals officiell eine Partei anerkennen darf. Das geschähe aber 
nach den Vorschlägen Biurs. Wenn ein Wähler eine „konservative“ 
oder eine „freisinnige Partei“ oder eine „Partei Bismarck“ oder 
eine „Partei Lasker“* anmeldet, so erscheint das unverfänglich; 
wie aber, wenn eine „polnische Partei“, eine „Welfenpartei“, 
eine „kommunistische®* oder eine „anarchistische Partei“ oder gar 
eine „Partei Nobiling* angemeldet würde?! Dergleichen wäre, 
darüber täusche man sich nicht, ganz unausbleiblich; soll aber 
die Reichswahlbehörde solche Anmeldungen entgegennehmen 
und amtlich veröffentlichen? Das ist undenkbar. Aber was dann? 
Man müsste der Kommission das Recht einräumen, ungeeignete An- 
meldungen zurückzuweisen, aber was ist ungeeignet? Soll die
	        
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