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schulmeisternd an den Kosmos herantretenden alten Naturrechtstheorie ist.
Sobald der Verf. aber in der Verlängerung seiner biologischen Annahmen
die socialen Nothstände der Gegenwart aus jenen erklären und zu staatlichen
Massnahmen schreiten will, welche darauf abzielen sollen, der übermässigen
Bethätigung der Reproduktionskräfte einen Zügel anzulegen (S. 65), dann
setzt sich unser Zweifel in Widerspruch um und wir verweisen den Verf.
auf die jüngst entwickelte trostreiche und gehaltvolle Lehre Orro WirTTteıs-
HÖFERS (Untersuchungen über das Kapital, Tüb. 1890, S. 18 fg.), wonach das
Mass der Arbeitsleistung zugleich auch das Mass der verfügbaren Güter ist.
WITTELSHÖFER erkennt das Princip der kulturellen Entfaltung der Produktion
in seiner Wirksamkeit darin: dass erstens die Kraftaufwendung für einen
bestimmten Zweck vermindert, d. h. der einzelne Arbeitsprozess vereinfacht,
abgekürzt wird, und zweitens, vermittelst der dadurch frei gewordenen Ar-
beitskraft neue Arbeitsprozesse geschaffen d. h. also die Zahl der
Arbeitsprozesse vermehrt wird. „In dem Zusammenhange dieser beiden That-
sachen : Erleichterung des einzelnen Arbeitsprozesses und Vermehrung der
Zahl der Arbeitsprozesse, liegt das grosse Geheimniss der wirthschaftlichen
Entwicklung“ (S. 21); und ebenso zutreffend an anderer Stelle: ‚Die Ent-
wicklungsstufe der Konsumtionsfähigkeit eines Volkes muss im normalen
Zustande gleich dem Stande der Produktionsfähigkeit sein‘. Solange aber
die Konsumtionskraft des deutschen Volkes jenes äusserste denkbare Mass
nicht erreicht hat, darf an staatliche Massnahmen im Sinne Z’. ebenso
wenig gedacht werden, so wenig etwa über einen zahlungsfähigen Schuldner
desshalb allein der Konkurs verhängt werden darf, weil er seiner Zahlungs-
pflicht nicht nachkommen will. St.
Faleke, Die Hauptperioden der sogenannten Friedensblokaden.
Eine völkerrechtliche Studie. Leipzig, Rossberg, 1891. Pr. 2M. 60.
Der Anlage nach an die rechtsgeschichtlich ergiebigeren ‚„Causes celebres
du droit des gens‘ MArTEns’ erinnernd gibt der Verf. gestützt auf umsichtige
Quellenstudien einen Ueberblick über die wichtigeren Anwendungsfälle der
sogenannten Friedensblokade im Zeitraum von 1827—1850. Das reichhaltige
Material hätte zu einer schärferen Unterscheidung der typischen Hauptformen
dieses staatlichen Zwangsmittels verwertet werden können, das übrigens auch
in jüngster Zeit wieder in der Staatenpraxis Anwendung gefunden hat. Bei
der Dürftigkeit der Angaben BuLmerıncgs stellt sich Faucke’s Arbeit als gute
Ergänzung dar, zum IV. Bande (25. Stück) des v. Holtzendorff’schen Hand-
buchs des Völkerrechts. St.
Dr. Carlo Sehanzer. Il Diritto di guerra e dei trattati negli Stati
a governo rappresentativo. Torino. Fratelli Bocca. 1891.
Die staats- und völkerrechtliche Litteratur Italiens ist auf dem besten
Wege, sich von Grund aus um- und neu zu gestalten. Die in einer früheren,