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Aber einmal sind nicht alle Simultaneen auf diesem Wege
entstanden 7?), und weiterhin lag der Berufung auf das jus re-
formandi eine falsche staatsrechtliche Construction zu Grunde. Es
sind juristisch zwei ganz verschiedene Dinge, die Religionsübung
im Lande zu bestimmen, den Religionscharakter desselben fest-
zustellen und Gebrauchsrechte an fremdem Eigenthum zu be-
gründen. Das eine ist ein Ausfluss der Territorialhoheit, das
andere ist ein Eingriff des Staates in Privateigentkumsverhältnisse
seiner Unterthanen, der nur als Ausfluss einer Theorie bezeichnet
werden kann, wonach der Staat oder richtiger der Fürst Eigen-
thümer aller im Lande befindlichen Güter ist; einer Theorie,
deren Unrichtigkeit einleuchtet, deren Consequenzen die Unter-
thanen aber im absoluten Staate über sich ergehen lassen mussten.
Juristisch stellten diese Simultaneen nichts als unberechtigte Ex-
propriationen in verschiedenem Umfange dar. In Wahrheit
hatten also diese Simultaneen mit dem jus reformandi nichts zu
schaffen.
Dass man die Verfügung über das Privateigenthum der
Unterthanen nicht mit dem jus reformandi identificiren kann,
geht auch schon aus der historischen Thatsache hervor, dass die
erstere Befugniss längst zu den Antiquitäten gehörte, als das jus
reformandi noch in vollem Umfange anerkannt war, nämlich als
das Recht des Staates, die Religion der Unterthanen zu bestimmen,
Andersgläubige aus dem Lande zu verbannen. Dieses Recht ist
aber in der neueren Zeit, zumal durch das Freizügigkeitsgesetz
wesenlos geworden. Als Reste desselben könnte man noch be-
zeichnen die Befugniss, Neubildungen zu verbieten, oder den zu-
gelassenen den Charakter der juristischen Persönlichkeit zu ver-
leihen. Dies alles kann aber correcter unter die Vereinshoheit
gebracht werden. Ueberhaupt ist zu sagen: Das jus reformandi
2) Vgl. Hınscaus, K.R. 4, 360 Nr. 1; Kraıs, a. a. O. $. 3, und unsere
obigen Ausführungen.