Full text: Archiv für öffentliches Recht.Siebenter Band. (7)

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punkte, dass geltendes Verfassungsrecht ist, was von den berufenen Faktoren 
als solches bestätigt wird. Ueberhaupt sind die aufgestellten Grundsätze im 
Allgemeinen wie in den speciellen Anwendungen zu einseitig durchg eführt; 
so dürfte nicht genügend. berücksichtigt sein, dass $S. 3 unter Bezugnahme 
auf den heutigen Rechtsstaat ausdrücklich anerkannt ist, wie jede Be- 
schränkung des Trägers der höchsten Gewalt, diese höchste Gewalt selbst. 
mindestens zum Theil in die beschränkende Macht, hier diejenige der Volks- 
vertretung, hinüberzieht, und dass weiter im Zusammenhange hiermit S. 92 
für die Gesetzgebung eine feste, nur geschichtlich zu bestimmende Grenze 
gefordert wird, auf deren Annahme in specieller Anwendung auf das ge- 
sammte Privat- und Strafrecht die beanstandete gegentheilige Ansicht beruht; 
auch erscheinen die Erörterungen über materielles und formelles Gesetz 
(S. 121 ff. vergl. auch die Bemerkungen auf S. 93) nicht schlüssig, um 
unter Förderung der vielbestrittenen Frage die Berechtigung der aufgestellten 
Unterscheidung zu widerlegen. 
Trotz derartiger Einzelheiten bleibt der Vorzug einer auf geschichtlicher 
Grundlage einheitlich entwickelten Gesammtauffassung, in der der monarchische 
Gedanke scharf ausgeprägt zum Ausdrucke kommt; in vielfach treffenden 
Wendungen wird das Buch allgemein Berücksichtigung verdienen, selbst 
wenn den Ausführungen im Einzelnen nicht in jeder Hinsicht beizutreten ist. 
on Dr. Trieps. 
Ferdinand Tönnies, Gemeinschaft und Geseilschaft. Abhandlung 
des Communismus und des Socialismus als empirische Culturformen. 
Leipzig, Fues 1887 XXX und 294 S. 
Der Verfasser macht es dem Leser nicht leicht, seinen Darlegungen zu 
folgen. Der Stil ist geschraubt und schleppend, der Gebrauch der Fremd- 
wörter übermässig. Das Verständniss wird noch mehr erschwert dadurch, dass 
der Verfasser gangbare philosophische Kunstausdrücke in einem eigenen, 
anderen als gewöhnlichen Sinne anwendet. Er sagt selbst in seiner Vor- 
rede (S. XXIX): „Ganz allein stehe ich da mit Terminologie und Definitionen.“ 
Das Buch tritt nicht mit neuen Ideen zur Gestaltung des gesell- 
schaftlichen Lebens auf den Kampfplatz. Man würde sich irren, irgend 
welche Stellungnahme des Verfassers zu der im Vordergrunde des allge- 
meinen Interesses stehenden socialen Frage zu finden. Er betrachtet den 
socialen Körper blos „mit der gemessenen Logik und Ruhe des unparteiischen 
Zuschauers.‘ Er will sich völlig ausserhalb der Dinge begeben und wie mit 
Teleskop und Mikroskop Körper und Bewegungen beobachten. Mit einem Worte, 
er stellt sich das sog. „reine Problem“ und hält sich für missverständliche 
Auslegungen, sich klugdünkende Nutzanwendungen nichtverantwortlich. 
TönnıEes will auf empirischem Wege vorgehen; der wahre Empirismus 
sei aber zugleich rationalistisch, bilde die formelle Vollendung des Rationalis- 
Archiv für öffentliches Recht. VII. 4. 39
	        
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