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Die sich hieran schliessende Kritik des römischen Systems gipfelt
darin, dass dasselbe im Ganzen als noch durchaus brauchhar für unser künf-
tiges Gesetzbuch sich darstelle. — Auf weitere Einzelheiten einzugehen, ver-
bietet leider der Raum. Wir halten die Abhandlung, trotz der von uns ge-
äusserten Meinungsverschiedenheiten, für eine hervorragende, von wissen-
schaftlicher Gründlichkeit und praktischem Sinn des Verfassers zeugende
Leistung und möchten als besonderen Vorzug derselben nur noch den überaus
knappen und dabei doch durchweg lichtvollen Styl hervorheben.
Dr. Muskat.
Dr. Caesar Barazetti. Einführung in das französische Civilrecht
(Code Napoleon) und das badische Landrecht. Frankfurt
und Lahr. Schauenburg. 1889.
Der Code civil beginnt bekanntlich mit einer kurzen Einleitung. Er hat
keinen allgemeinen Teil im Sinne unseres Pandektenrechtes. Der Inhalt
. desselben ist, soweit er überhaupt behandelt ist, im ersten und auch zerstreut im
dritten Buche des Gesetzes zu finden. Der titre preliminaire enthält nur
sechs Artikel und diese handeln vom Rechte im objektiven Sinne: Von der
allein anerkannten Rechtsquelle, dem Gesetze und seiner Wirksamkeit (a. 1),
von dessen unbedingter Anwendung durch den Richter, der sein Urteil nicht
versagen darf (a. 4) ‚und dem Verbot, eine allgemeine Sentenz statt der kon-
kreten Urteile zu geben (a. 5), von der zeitlichen und räumlichen Collision
der Statuten (a. 2 u. 3) und von der Bedeutung des absoluten Rechtssatzes
(a. 6). Seiner Art gemäss giebt der code auch hier keine abstrakten Regeln,
sondern greift konkrete Fälle heraus; die Folge ist auch hier die Schwierig-
keit der Auslegung und der Ausdehnung dieser Vorschriften. Das badische
Landrecht, eine Verarbeitung des code civil, vermehrt diese Einleitung durch
eine Reihe von teils erläuternden teils ergänzenden Zusätzen, nicht immer
zum Glücke für das Gesetz.
Diese Materie des titre preliminaire ist der Stoff des BArAzeErtI'schen
Buches. „Einführung“ in das französische Civilrecht bedeutet nicht, dass das
Werk den Juristen in das Gebiet dieses Rechtes geleiten, ihm als ‚In-
stitutionen‘ dienen will, sondern es behandelt die in der Einleitung des Ge-
setzes selbst enthaltenen Regeln über das Recht im objektiven Sinne. Die
Arbeit ist in tüchtiger Weise und mit grosser Sorgfalt und Genauigkeit
durchgeführt. Sie ist kein bahnbrechendes Werk, das neue Ideen bietet,
frische Gesichtspunkte gewinnt, es fehlt ihr auch der Reiz der fesselnden
Darstellung, die neuerdings auch die Juristen gern bei ihren Autoren finden,
aber sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine vollständige Uebersicht über
die behandelte Rechtsmaterie giebt, und dass sie gleichmässig deutsche und fran-
zösische Rechtswissenschaft verwertet. Namentlich ist das Werk durch das
Heranziehen der neuesten Judikatur auch dem Praktiker eine willkommene Hilfe.