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Vorausgeschickt ist eine kurze historische Einleitung. Sie will offenbar
nur die Entstehung des Gesetzbuches darlegen; auf eine Entwicklung der
einzelnen Rechtsinstitute im französischen Recht, die noch so manches un-
gelöste Rätsel bietet, geht sie nicht ein. Den Uebergang zur eigentlichen
Aufgabe bildet die Betrachtung über „Wert und Bedeutung des code napoleon“
(S. 49 ff). Zutreffend betont war der reiche Schatz des germanischen Rechts,
den das Gesetzbuch der Franzosen birgt. Auch die Charakterisirung seiner
Mängel wie seiner Vorzüge verdient Beifall. Zweifelhaft ist nur, ob nicht
der Verfasser dem Gesetzbuche aus seinen Abweichungen vom römischen
Recht, namentlich daraus, dass es aus PorHier statt aus dem corpus juris
selbst schöpft, zu Unrecht einen Vorwurf macht. Gerade darin, dass man
nicht wissenschaftlich theoretisch arbeitet, sondern das Recht so kodifizirte,
wie es das Bedürfniss des Verkehrs gestaltet hatte und wie es sich in den
Schriften Pornıer’s spiegelte, liegt ein Hauptverdienst des Gesetzbuchs. Bei
der Bearbeitung des Hauptteils seines Werkes geht der Verfasser von den
Regeln aus, wie sie das Gesetz selbst bietet, er entwickelt hieraus das weiter-
gehende Prinzip und reiht hieran wieder die Konsequenzen für die Einzel-
fragen an. Die Fülle von Details, die hier gegeben werden, ist es, welche
den Wert des Buches machen. Die Behandlung der Frage des Rechtsirrtums,
anschliessend an a. 1c. c. und Bad.-L.-Rs. 1b kann eine erschöpfende genannt
werden. Von der Besprechung der Gegensätze im Rechte führt der Weg den
Verfasser zur Lehre von der Unwirksamkeit einer gesetzwidrigen Handlung und
auf das Gebiet von der Ungiltigkeit der Rechtsgeschichte, wohl die schlimmste
der schlimmen Materien des französischen Rechts. Ordnung in diese zu
bringen, ist kaum möglich, denn immer wieder finden sich Stellen im
Gesetze, die sich dem aufgestellten System nicht fügen. Sehr eingehend be-
handelt ist das internationale Privatrecht, bei dem die ziemlich zahlreiche
reichsgerichtliche Rechtsprechung verdiente Beachtung fand. Im Gebiete des
Erbrechts acceptirt der Verfasser die vom Reichsgericht für das Gebiet des
badischen Rechts inaugurirte Verweisungstheorie. Eine Prüfung, ob diese An-
sicht einwandfrei ist, wurde nicht vorgenommen. Den Schluss bildet die „Aus-
legung“ der Gesetze; zuzustimmen ist hier dem Verfasser, wenn er bemerkt,
dass die Zusätze 6a und 6b des badischen Landrechts besser fortgeblieben
wären. Hachenburg.
Pasquale Fiore, Le droit international prive ou principes pour
resoudre les conflits entre les lois civiles, commer-
ciales, judiciaires, penales des differents Etats. 2ieme
edition, trad. par Charles Antoine. Lois Civiles T. Let II
— Paris, Pedone-Lauriel, 1890, 1891.
Die als Bd. 23 und 24 der verdienstvollen Bibliothöque internationale
et diplomatique erschienene neue Bearbeitung des anerkannten Werkes von