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hier in den Mittelpunkt einer umfassenden rechtsvergleichenden Darstellung
gerückt, die Schritt für Schritt die Differenzen und Gleichförmigkeiten in den
Strafrechtsordnungen der Kulturstaaten feststellt und sie auf ihre raison
d’&tre hin prüft. Die deutsche, französische, englische und italienische Straf-
rechtsliteratur ist dem mit seltenem Sammelfleiss begabten Verfasser in
allen ihren nennenswerthen Erscheinungen durchaus geläufig und, wie es.
scheint, immer im rechten Augenblick zur Hand. Das Studium der Arbeit ist
nicht leicht, dafür aber um so ergiebiger. Ein abschliessendes Urtheil über
des mühevollen Unternehmens Gesammtwerth für die Förderung der Probleme
der Rechtsvergleichung wird sich erst dann gewinnen lassen, wenn Verfasser
uns die Ergebnisse seiner dem speciellen Theil des holländischen Code
penal gewidmeten weiteren Studien vorgelegt haben wird. St.
v. Wilmowski und Levy, Civilprozessordnung und Gerichtsver-
fassungsgeseiz für das Deutsche Reich nebst den Ein-
führungsgesetzen. Mit Kommentar in Anmerkungen. Sechste
vermehrte und verbesserte Auflage. Berlin 1892. Vahlen.
Das Werk, das hier zum sechsten Male die Ergebnisse sorgfältiger
fachlicher Arbeit der deutschen Juristenwelt vorlegt, bedarf keiner Geleit-
formel mehr, um sich seinen Platz in der zeitgenössischen Fachliteratur
zu bewahren. Dem Plane der ersten Anlage getreu, sind auch diesmal die-
jenigen Verbesserungen und Erweiterungen vorgenommen worden, welche
durch die fortlaufende Literatur, Rechtsprechung und Gesetzgebung geboten
erschienen. Einige speciell ins Gebiet des Verfassungsrechts und des Völker-
rechts fallende Kommentarangaben könnten m. E. in künftigen Auflagen ver-
bessert werden. So halte ich die zu $ 16 C.-P.-O. (S. 43) gegebene Inter-
pretation: „Heimathstaat eines Deutschen (Exterritorialen) ist derjenige Staat,
in welchem er die Staatsangehörigkeit besitzt“, fürnichtganz richtig. Esentspricht
ja freilich dem Reichsrecht, wie dem ältern Landrecht der meisten deutschen
Bundesstaaten, dass die Aufnahme in den Amtsorganismus zugleich den
Uebergang der Staatsangehörigkeit bewirkt; eben darum tritt aber der Fall
der doppelten Staatsangehörigkeit gerade bei diplomatischen Funktionären
am leichtesten ein, weil nicht: selten höhere Beamte der grösseren Bundes-
staaten in den Staatsdienst kleinerer treten, ohne auf die frühere Staatsan-
gehörigkeit zu verzichten. Bei solcher Sachlage unterliegt es aber keinem
Bedenken, als „Heimathstaat* im Sinne des Gesetzes den Staat des letzten
Wohnsitzes anzusehen. Diese Auffassung entspricht auch mehr der tech-
nischen Bedeutung des Wortes „Heimath“, als die vom Kommentar vorge-
nommene Identifizierung der Heimath mit der Staatsangehörigkeit. Wo ein
solcher Wohnsitz fehlt, da tritt das durch die Beamtenqualität hergestellte
rechtliche Band in Wirksamkeit und dann gilt eben die Hauptstadt des
Staates, dem der Exterritoriale kraft seines Amtsauftrages angehört, als