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an fremder Sache vor, so kann der Eigenthümer sein Recht so
weit erstrecken, als er das beschränkende Recht nicht verletzt.
Der Inhaber des letzteren dagegen darf sich Veränderungen nicht
erlauben. Hier sind ja die Rechte nicht gleich und die Voraus-
setzung spricht für Unbeschränktheit des Eigenthums. Anders
beim Miteigenthum. Hier muss der Richter auf privatrechtlicher
Grundlage reguliren und im Zweifel gleiche Theile gewähren.
Er wendet die durch den Zweck des Sımultaneum, welches „dem
Gottesdienst beider Gemeinden nach Massgabe der für die eine
oder andere geltenden Cultusvorschriften dient“ modificirten
Grundsätze des Miteigenthümers an.
Welche Bedeutung hat das Herkommen? Dieses hat in beiden
Fällen nur dann entscheidende Bedeutung, wenn in demselben
ein stillschweigendes Einverständniss (insbesondere bei dem Recht
an fremder Sache) und so weit z. B. „von der katholischen Ge-
meinde eine ausschliessliche Benützung an Wochenfesttagen ge-
fordert wird, eine die Absicht des Verzichtes auf eigene Benützung
in sich schliessende Anerkennung der evangelischen Gemeinde*
gefunden werden könnte. Auch eine Ersitzung ausschliesslicher
Benützung ist möglich, setzt aber nicht bloss Nichtbenützung auf
der anderen Seite voraus, sondern eine Benützung gegen den
Willen des Berechtigten. Auch hierfür müssen die gewöhnlichen
privatrechtlichen Grundsätze gelten ®°).
Aus denselben Grundsätzen ergibt sich auch die Entscheidung
von Streitfragen über Veränderungen im Inneren der Kirche,
Aufstellen von kirchlichen Geräthschaften u. s. w. Vgl. die
richtigen Grundsätze des Urtheils des bad. Oberhofgerichts vom
21. Dec. 1865 im Archiv f. k. K.R. 16, 320.
2. Wie nothwendig die privatrechtliche Basis betont werden
muss, geht ferner aus folgender Consequenz hervor, die Kraıs
®5) Vgl. zum Vorstehenden Entscheidung des Reichsgerichts bei Bouze,
Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen 2, 348.