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gerade bei den Altkatholiken darauf hinzuweisen, dass der betreffende
Erlass Pius’ IX. vom 13. März 1873 (Arch. f. k. K.R. 29, 434) eine
einfache Zweckmässigkeitsmassregel war, für die eine rechtliche
Nothwendigkeit durchaus nicht vorlag und die von einem Ge-
sichtspunkte ausging, den der moderne Staat, „welcher Religions-
und Gewissensfreiheit gewährt und Ketzer im kirchenrechtlichen
Sinne nicht kennt“, nicht anerkennen durfte®®). Die Entschei-
dung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ist um so auf-
fallender, als nach dem zu ihrer Zeit (18. Nov. 1887) geltenden
Staatskirchenrechte die Altkatholiken noch als Mitglieder der
rvömisch-katholischen Kirche, demnach nicht als „neohaeretici“
erschienen, die Gestattung des Gottesdienstes an Katholiken aber
für die Katholiken doch keine Erschwerung nach sich ziehen konnte.
Erst am 15. März 1890 ist die bekannte Entschliessung des
Staatsministeriums erfolgt. Weiterhin betrifft der Erlass des
Papstes nur die Einräumung einer katholischen Kirche seitens
der Staatsgewalt an Altkatholiken. Alles Momente, die hier nicht
einschlugen. Insbesondere handelte es sich nicht um eine katho-
lische Kirche.
Wenn der Verwaltungsgerichtshof von einer Neuconsecration
spricht, die nothwendig werden würde, so kann nach dem gel-
tenden katholischen Rechte durch den Gottesdienst der Altkatho-
liken weder Pollution noch Execration eintreten. Das vom Papst
verfügte Interdict hat mit dem gewöhnlichen „Interdiet“ nichts
zu thun, sondern ist eine ganz eigenartige besondere Massregel °°).
Ganz abgesehen hiervon ist doch Folgendes zuzugeben. Vor
dem päpstlichen Erlasse war die evangelische Eigenthümerin durch
keine positive Bestimmung des Rechtes der simultanberechtigten
katholischen Gemeinde daran gehindert, über ihr Eigenthum ohne
Gefährdung des beschränkenden Rechtes zu verfügen, sei es zu
88) Hınscuius, K.R. 4, 374, 375.
89) Vgl. HınscHuus, K.R. 4, 875.