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Gunsten einer anderen evangelischen Gemeinde oder einer alt-
katholischen. Dieses Recht kann der evangelischen Gemeinde aber
nicht durch eine künstlich geschaffene kirchliche Verwaltungs-
massregel geschmälert werden. Denn sonst könnte ja durch
irgend welche Verwaltungsmassnahme dieses Recht auch bezüglich
der reformirten Gemeinden ebenso beschränkt werden und dem-
nach ganz ausgeschlossen werden.
War somit die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im
Speciellen für die Altkatholiken abwegig, so können wir auch im
Allgemeinen nicht zustimmen. Hiernach gälte das Gleiche für
alle Simultanverhältnisse, auch z. B. die Einräumung zu refor-
mirtem Gottesdienste in lutherischen Kirchen, an denen Menno-
niten Simultanrecht besitzen u. s. w.
Der Verwaltungsgerichtshof stellt als Grundsatz auf: „Nach
den für den Simultangebrauch an Kirchen allzeitig und allseitig
anerkannten Rechtsgrundsätzen darf nämlich an dem Besitzstande
der an der Kirche berechtigten beiden Confessionen in Hinsicht
auf deren beiderseitigen Gebrauch ohne Einverständniss der Be-
theiligten nichts geändert werden.“ Wo ist denn dieser Grund-
satz, der das Eigenthum seines Inhaltes zum Theil entkleidet,
ausgesprochen? In der 1I. Verf.-Beilage wird man ihn schwer-
lich finden, in den preussischen Bestimmungen ebenso wenig.
Allerdings ist der Satz „In Simultaneo nihil innovetur“ ein be-
kannter. Aber die Tragweite und die Bedeutung desselben ist
elastisch. Wenn man ihn so versteht, wie Kraıs S. 37 unten,
so kann man ihm wohl zustimmen. Gesetzlich ist der Satz
nirgends ausgesprochen. Denn wenn auf den Besitzstand oder
wie im preuss. Landr. $ 312 auf das, was bisher „üblich* ge-
wesen ıst, hingewiesen wird, so kann doch das „Uebliche* in den
verschiedenen Zeiten sehr verschieden gewesen sein.
Da also die positiven Normen nichts besagen, muss der
Jurist zur Construction seine Zuflucht nehmen, und wenn man
die Richtigkeit einer Construction an der Richtigkeit und Brauch-