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verbürgt und, dass dies der Fall sei, durch das Reichsgesetzblatt
kundgemacht ist; ferner nach $ 106 letztes Alinea nur auf An-
trag der auswärtigen Regierung. Die Kundmachung der Gegen-
seitigkeit durch das Reichsgesetzblatt ist als Bedingung der
Verfolgung unerlässlich ?) im Gegensatz zum deutschen Straf-
gesetze, welches in der gegenwärtigen Fassung des $ 102 nur
im Allgemeinen die Verbürgung der Gegenseitigkeit verlangt,
wornach auch die Praxis ausländischer Gerichte oder die Special-
erklärung einer zuständigen ausländischen Behörde für genügend an-
gesehen werden. (Siehe Orsaausen, Commentar ad. $ 102 Note 4.)
Die Strafe der unter $ 106 fallenden Handlungen ist in den Füllen
l, 2 und 3 Gefängniss von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, in den
Fällen 4, 5 und 6 Gefängniss von 1 Monate bis zu 3 Jahren.
Im 8 106 des Entwurfes ist aber noch eine sehr wichtige Clausel
enthalten, welche die im deutschen Strafgesetzbuche d. i. vor der
Strafgesetznovelle aufgetauchten Zweifel und Widersprüche *)
löst. Es heisst nämlich daselbst, dass strafbare Handlungen
gegen das Oberhaupt eines fremden Staates nach 8 106 zu be-
strafen sind, soweit nicht, abgesehen von der Eigen-
schaft der angegriffenen Person, strengere Bestim-
mungen des Strafgesetzes anzuwenden sind. Daraus
folgt offenbar, dass in denjenigen Fällen, in welchen die straf-
bare Handlung gegen das Oberhaupt eines fremden Staates sich
nach österr. Gesetze als gemeines Verbrechen (Mord, Mordver-
such, Verleitung zum Morde u. s. w.) darstellen würde, welches
nach den hierauf bezüglichen Bestimmungen mit einer strengeren
Strafe bedroht wäre, diese strengere Strafe und nicht die des $ 106
anzuwenden wäre.
°) Der Strafgesetz-Ausschuss des Abgeordnetenhauses hat anstatt der
Formulirung, dass die verbürgte Gegenseitigkeit durch das Reichsgesetzblatt
kundgemacht sein müsse, die Formulirung gewählt, dass die Gegenseitigkeit
durch gesetzlich sanctionirte Staatsverträge verbürgt sei.
*) vide Schwarze Commentar ad $ 102, Schürze Lehrbuch S. 254.
Note 11.