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dass dem Beleidiger die amtliche Stellung des Verletzten bekannt
ist, erscheint demnach ım Verhältnisse zu anderen Ehrenbelei-
digungen stets als ein schwereres Vergehen, weil hierdurch eini-
germassen der fremdem Macht Missachtung bezeugt wird. Es
ist also vollends berechtigt, hier sowohl die alternative Zulässig-
keit der Geldstrafe, als auch die im $ 68 statuirte Möglichkeit
der Conipensation gegenseitiger Beleidigungen auszuschliessen und
anstatt der Durchführung des Processes auf Grund der Privat-
anklage sich mit dem blossen Antrage zu begnügen.
Anderseits glaubte der Ausschuss nicht soweit gehen zu
dürfen, damit auch alle anderen sich auf die Beleidigung bezie-
henden Bestimmungen hier keine Anwendung fänden. Hiernach
muss der Begriff der Beleidigung nach den im XII. (gegenwärtig
XIV.) Hauptstücke enthaltenen speciellen Bestimmungen beurtheilt
werden und der für die Wahrung der Rechte einzelner Bürger
so wichtige ‚„Wahrheitsbeweis“ wird auch hier unter den im XH.
(gegenwärtig XIV.) Hauptstücke angegebenen Voraussetzungen
zugelassen werden müssen.“
Der letzte (vorliegende) Entwurf hat jedoch die Fassung
des Entwurfes III zurückgestellt und statt der Fassung „unter-
liegt den Bestimmungen des $ 195“ die Fassung gewählt „unter-
liegt den Bestimmungen des XIV. Hauptstückes.‘
Die Verfolgung der Beleidigung eines Gesandten oder Ge-
schäftsträgers ist ebenfalls ein Antragsdelict und zur Stellung
des Antrages der Beleidigte berufen.
IV. Endlich wird als Delict gegen befreundete Staaten noch
die Neutralitätsverletzung bestraft,”) es bestimmt nämlich der
Entwurf im 8 109:
„Wer ım Falle eines Krieges den von der Regierung zur
Wahrung ilırer Neutralität erlassenen und inı Reichsgesetzblatte
kundgemachten Anordnungen zuwiderhandelt, ist mit Gefängniss
”) Das deutsche Strafgesetz enthält bekanntlich keine Strafandrohung
gegen die Neutralitätsverletzung.