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Die Wirksamkeit dieser Verträge erstreckt sich nach nieder-
ländischem Recht nur auf das Königreich der Niederlande —
nicht auch auf die überseeischen Besitzungen (Vgl. Lammascn,
Auslieferungspflicht und Asylrecht 1887, S. 91). Auf der an-
deren Seite bezieht sich die Auslieferungspflicht auch auf die-
jenigen Gebietsteile, welche nach Abschluss der Verträge z. B.
zu Preussen gekommen sind. Der hannoversch-niederländische
Vertrag ist ausdrücklich aufgehoben und der preussische vom
Jahre 1850 bezw. 1867 an dessen Stelle gesetzt. (Vgl. Ministerial-
erklärung vom 25.1X. 1867; G. S. 8. 1835).
Die übrigen deutschen Bundesstaaten besitzen keinen
Auslieferungvertrag mit den Niederlanden. Letztere!) pflegen im
Gegensatz zu der sonst üblichen Praxis in Europa Auslieferungen
an Staaten, mit denen ein Vertrag nicht besteht, nicht zu be-
willigen. (Vgl. die Verhandl. der II. Kammer der Generalstaaten,
Bijblad van de Nederlandsche Staats-Courant 1874—-75 II, Seite
1015 £.)?).
!) In Uebereinstimmung mit Belgien; vgl. Haus, Principes generaux de
droit penal belge. 1885. Paris. No. 954.
2) Bei den betr. Kammerverhandlungen ist es allerdings nicht recht
klar geworden, ob der Justizminister die Zulässigkeit einer Auslieferung an
solche Staaten, mit welchen die Niederlande in keinem Vertragsverhältnisse
stehen, leugnete oder ob seine Angaben gerichtet waren gegen die Annahme
einer gesetzlichen Verpflichtung der niederländischen Regierung zur Aus-
lieferung wegen aller in dem Auslieferungsgesetze aufgezählten Delikte auch
an solche Staaten, mit welchen ein Vertrag nicht besteht.
Die niederländische Verfassung schreibt ausdrücklich vor, es sollen ge-
setzlich geregelt werden die allgemeinen Bedingungen, unter welchen Aus-
lieferungsverträge abgeschlossen werden können. Aus dieser Bestimmung
folgert ein hervorragender niederländischer Staatsrechtslehrer ps HarTtoe
(vgl. Marquarosen’s Handbuch des öff. Rechts. Bd. 4, Abt. 4, S. 14), dass
eine Auslieferung nur auf Grund eines bestimmten Vertrages stattfinden
dürfe. °
Der König der Niederlande ist berechtigt, ohne dass er der Genehmigung
der Volksvertretung (Generalstaaten) bedarf, unter Einhaltung der gesetzlich
aufgestellten Bedingungen Auslieferungsverträge mit fremden Staaten abzu-
schliessen.