— 12 —
Sp. aus dem Staatsdienste die Immunität des betreffenden Abge-
ordneten verletzt worden sei?
b) Ob es sich im Hinblicke auf den erwähnten Fall empfehle,
eine Anderung der österreichischen Immunitätsgesetze in Anregung
zu bringen ?
Wir wollen es versuchen, unserer Anschauung bezüglıch
beider Punkte in gedrängter Kürze Ausdruck zu geben.
Für die Beurtheilung der Abgeordnetenimmunität nach
österreichischem Rechte kommt im Hinblicke auf den oben er-
wähnten Fall $ 16 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung
vom 21. Dezember 1867 No. 141 R.-G.-Bl. in Betracht; derselbe
normirt in al. 2: Die Mitglieder des Reichsrathes können wegen
der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen nie-
mals, wegen der in diesem Berufe gemachten Aeusserungen aber
nur vor dem Hause, dem sie angehören, zur Verantwortung
gezogen werden.
al. 3.: Kein Mitglied des Reichsrathes darf während der
Dauer der Session wegen einer strafbaren Handlung — den Fall
der Ergreifung auf frischer That ausgenommen — ohne Zu-
stimmung des Hauses verhaftet oder gerichtlich verfolgt werden.
Einzelne vermeinen, dass, wenn Sp. die ihm zur Last ye-
legten Aeusseruugen (Rede und Wahlagitation) in seinem Be-
rufe gemacht habe, das Disciplinarverfahren wider ilın. weil ohne
Zustimmung des Hauses erfolgt, formell zu Unrecht eingeleitet
worden sei, da der $ 16 al. 2 den Abgeordneten vor jeder wie
immer gearteten, also auch vor der disciplinarrechtlichen Ver-
antwortung schütze.
Die Frage, ob Sp. in seinem Abgeordnetenberufe gehandelt
habe, sei eine quaestio facti, die insbesondere geprüft zu werden
habe.
Wir treten dieser Meinung nicht bei und sind vielmehr der
Ansicht, dass $ 16 al. 2 den Abgeordneten, der im Hause (au
sein du corps legislativ) Aeusserungen vorbringe, vor einem