Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

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„spruch genommen werden wollte; sie — die Regierung 
„— glaube, dass der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetze 
„von allen Abgeordneten gleichmässig anerkannt werde, und da- 
„her keineswegs ein Wunsch dahin gerichtet sein würde, irgend 
„ein Privilegium in Anspruch zu nehmen, welches 
„über den eigentlichen Zweck des Gesetzes hinaus- 
„gehen würde. Wenn es durch den ersten Absatz dieses Ge- 
„setzes, durch das Gesetz über: die: Redefreiheit, ausnahmslos 
„gestattet ist. von der Redefreiheit Gebrauch zu machen, wenn, 
„wie im vorliegenden Entwurfe keine Ausnahme constituirt 
„wird, dass man für irgend eine im Saale gehaltene 
„Rede zur — seil. criminalrechtlichen — Verantwortun & 
„gezogen werdenkann, dann glaube ich ist der Zweck dieses 
„Gesetzes im vollen Umfange gewahrt und in dieser Beziehung 
„nehme ich für die Regierungsvorlage volle Freisinnigkeit in 
„Anspruch, indem in verschiedenen anderen Verfassungen dieses 
„Recht der Redefreiheit wesentlich modificirt oder beschränkt 
„würde.“ 
Nun führt der Redner als Beweis für die Freisinnigkeit 
des Entwurfes die Bestimmung des $ 54 der Verfassung für 
Hannover an, nach welchem allerdings ein gerichtliches 
Verfahren gegen Mitglieder wegen der von ihnen in 
der Kammer, Commissionen oder Conferenzen gemachten Äus- 
serungen zulässig sei, wenn diese Äusserungen hoch- 
verrätherischen Inhaltes sind, oder eine Beleidigung 
oder Verläumdung enthalten. 
Ebenso citirt er Verfassungsbestimmungen des Kurfürsten- 
thums Hessen, des Königreichs Sachsen, ähnlichen Inhaltes, und 
constatirt dagegen, dass solche Ausnahmen bezüglich einzelner 
Deliete, die strafgerichtlich verfolgt werden können, 
in Oesterreich nicht gemacht werden sollen. 
In ähnlicher Weise äussern sich fast sämmtliche Redner 
des Hauses, so dass wir wohl berechtigt sind zu sagen: