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Entweder individueller Wille oder künstlicher durch Rechtssätze gewonnener
Niederschlag einer Mehrheit von individuellen Willen sind die beiden Möglich-
keiten, die in den Verfassungsbestimmungen über das höchste Staatsorgan
zum Ausdruck kommen. Daraus ergiebt sich ein Gegensatz, der nicht auf
das äusserliche Princip der Zahl, sondern auf eine tiefdringende innere
Differenz gegründet ist. Allerdings wird es zwischen beiden Formen mannig-
fache Uebergangszustände geben. Aber als ausgeprägte Typen sind nur die
zwei erwähnten möglich. So würde denn auch die künftige Staatslehre zu
rechnen haben nıt dem Gegensatz von Monarchie und Republik, den alten
Worten einen neuen Sinn einbildend.
Heidelberg. Jellinek.
l. Quellen zur Deutschen Reichs- und Rechtsgeschichte, zu-
sammengestellt und mit Anmerkungen versehen von Dr. H. 0, Leh-
mann, Professor der Rechte an der Universität zu Marburg. Berlin
1891, Verlag von Otto Liebmann. VII. und 309 Ss. M. 8—.
2. Ausgewählte Urkunden zur Erläuterung der Verfassungs-
geschichte Deutschlands im Mittelalter. Zum Hand-
gebrauch für Juristen und Historiker. Herausgegeben von Wilh.
Altmann, Bibliotheks-Kustos in Greifswald, und Ernst Bernheim,
o. ö. Prof. der Geschichte in Greifswald. Berlin 1891, R. Gaertner’s
Verlagsbuchhandlung. VII. und 270 S. M. 3.40.
Die vorliegenden beiden Sammlungen verfolgen verschiedene Ziele und
haben daher neben einander Raum. Beide wollen dem Juristen wie dem
Historiker für Unterrichtszwecke dienen. Beide sind dazu geeignet, aber in
verschiedenem Masse. Die Sammlung Leumanns leidet darunter, auf be-
schränktem Raume zu viel umfassen zu wollen; die Sammlung der beiden
andern Gelehrten gewinnt dadurch, dass sie sich engere Grenzen setzt.
Die Sammlung Leumanns beginnt mit Stellen aus Cäsar, de bello
gallico und schliesst mit der heutigen Verfassung des Deutschen Reiches.
Bedenkt man, dass die Quellenmitteilungen auf den knappen Raum von 309
Druckseiten vereinigt wurden, dass sie das öffentliche Recht und Privatrecht
umfassen sollten, so war allerdings die grösste Selbstbeschränkung nötig.
Diese führte dazu, dass — wie bereits von competenter Seite hervorgehoben
wurde — von den Volksrechten nur die lex Salica und lex Ribuaria berück-
sichtigt erscheint, dass somit, von andern Volksrechten abgesehen, weder
das bairische, noch das alemannische Volksgesetz, noch auch der unentbehr-
liche Edietus Langobardorum in Betracht kam, dass schliesslich die Formeln
gänzlich übergangen sind. Auch Letzteres ist vom Standpunkte des Unter-
richts zu bedauern. Abgesehen davon, dass eine solche Sammlung dem
Studierenden die Möglichkeit geben sollte, zu wissen, wie eine Formel aus-
gesehen hat, bedarf es kaum der Erinnerung, dass gewisse Formeln eine not-
wendige Ergänzung für das Verständniss der Volksrechte bieten, ganz be-