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für den berufsmässigen Schutz der idealen Rechtsgüter sorgt, auch in Zu-
kunft erhalten werden möge.
Aurich. Dr. Rudolf Bewer.
Dr. Reinhard Frank, Professor der Rechte in Giessen. Naturrecht, ge-
schichtliches Recht und sociales Recht. Leipzig bei C. L.
Hirschfeld 1891. (32 Seiten.)
Scharfen Sinnes will der Verfasser zum Gedeihen des modernen Rechts
sociale Forschung; es soll die Rechtswissenschaft die Erscheinungen des
Lebens im Einzelnen, z. B. die Agrarverhältnisse, das Verbrechertum,
methodisch erkennen und prüfen, wie die Gesetze auf sie wirken; zur Rechts-
erkenntniss verlangt er Studium des Lebens; das Ideal der Zukunft sei ein
staatsbürgerliches und das moderne Recht werde durch sociologische Juris
prudenz erschlossen werden.
Dies Programm ist nicht ohne Critik der heutigen Rechtswissenschaft
aufgestellt und begründet. Unpopulär sei diese, da sie nur eine Wissen-
schaft des Rechts, des ordnenden Princips und der Begriffe, nicht aber eine
solche des Lebens sei. Die naturrechtliche und die historische Schule, deren
Aufgaben und Leistungen der Verfasser eingehend darstellt, sollten in Zu-
kunft die sociale Forschung unterstützen und sich wünschenswert unter ihrer
Führung über die Gegensätze einigen. Gliche sich die naturrechtliche Me-
thode, die das absolute Recht durch die Vernunft erkennen wolle, mit der
historischen, welche das Recht als Culturerscheinung auffasse, auf dem
socialen Arbeitsfelde aus, dann würden Geschichte und Erfahrung sich mit
dem Geiste der Spekulation und der Philosopbie dort ergänzen, wo Probleme
im letzten Grunde zu erfassen seien. — Aber so lange die Philosophie dem
absoluten Rechte nachgeht und die Schätze der Geschichte nur als minder-
werte Beispiele behandelt, sind die Principien beider Schulen nicht versöhn-
lich. Die historische Schule braucht ihre Forschungen, mag mancher ihrer
Funde auch nur antiquarische Bedeutung haben, zu ihrem eigenen System,
und nur deswegen ist der Geist des deutschen Rechts zurückgekehrt, weil
sie auf den selbständigen und reinen Aufbau ihrer Rechtsgrundlagen nicht
verzichten darf.
Richtig redet der Verfasser, dass das Recht im bewussten Kampf mit
den Beharrungskräften sich entwickelt. Auch den Rechtshistorikern sind
Epochen wohlbekannt, wo Rechtsideen mit elementarer Kraft kämpfend und
siegend aufgetreten sind. Gewiss wird auch die sociologische Jurisprudenz
im Kampfe um die Zukunft manches Gebiet der neu zu erforschenden Lebens-
verhältnisse dem Segen des gesuchten Rechtes Öffnen. Aber das Studium
des frischen Lebens wird nur oberflächlich sein, wenn die Geschichte fehlt;
daher muss auch die sociologische Jurisprudenz nicht blos die Dienste der
historischen Schule als einer Helferin annehmen, sie muss vielmehr das