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Es liegt auf der Hand, dass gegen den hier entwickelten
(Gedanken ganz insbesondere die historische Schule zu Felde ziehen
musste, welche seit mehr denn einem halben Jahrhundert die
Wissenschaft ausschliesslich beherrschte und um so mehr Zulauf
fand, als ihr die thatsächliche Entwickelung der Dinge in Europa,
namentlich aber ın Deutschland und Italien, nur allzu sehr Recht
zu geben schien. Die, Unfehlbarkeit aber, welche die historische
Schule anfıng, daraufhin für sich in Anspruch zu nehmen, wird
auf die Dauer vor der unbefangenen Kritik des nüchternen Denkens
nun kaum mehr Stand halten können, da sie anscheinend sich
überlebt hat. Sei dem übrigens im Allgemeinen, wie ihm wolle;
für die Frage, um welche es sich hier insbesondere handelt,
muss sich ergeben, dass die Angriffe der historischen Schule
gegen die Idee des Stabilitätsprincips jedenfalls verfehlt sind,
weil sie allzuweit über das Ziel hinausschiessen, und andererseits
— soweit sie besten Falles gerechtfertigt erscheinen — lediglich
einen Anhalt finden in einer ganz übertriebenen Principienreiterei,
za welcher sich die Gegnerin der historischen Schule, nämlich
diejenige des radicalen Vernunftrechtes, mit Vorliebe versteigt,
und deren Irrthümer leicht aufzudecken sind.
Die beiden hier angedeuteten Extreme sind nunmehr im
Einzelnen näher zu betrachten.
Die Angriffe der historischen Schule gegen das Stabilitäts-
princip, wie es von einem wirklichen Staatengesellschaftsrechte
anerkannt werden muss, beweisen um desswillen nichts, weil sie
zu viel beweisen wollen, indem sie jenem Princip eine Bedeutung
unterlegen, die es vernünftigerweise gar nicht haben kann, näm-
lich die, als ob damit für alle Ewigkeit die thatsächliche
Unmöglichkeit einer Aenderung in den einmal gegebenen Ver-
hältnissen decretirt werden solle. Das wäre allerdings ein voll-
endeter Widersinn, aber umgekehrt würde, wenn die historische
Schule ihrerseits das Wahre träfe, und also von einem Stabilitäts-
princip schlechthin nicht gesprochen werden dürfe, die Idee des