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eine Pflicht zur Gewährung von Auslieferungen nur wegen der
im Gesetze aufgezählten Delicte, unter welchen sich ein politisches
Deliet nicht befindet, übernehmen dürfe. Der ursprüngliche Ent-
wurf dieses Gesetzes enthielt eine ausdrückliche Bestimmung:
„Geene uitlevering kan toegestaan of gevragd worden wegens
(zuiver) staatskundige misdrijven‘“. Dieser Zusatz ist später als
vermeintlich überflüssiger gestrichen, weil sich unter den im Ge-
setze erwähnten Strafthaten ohne dies kein politisches Delict
befinde (vgl. ne Vos van STEENwISK, Over de misdrijven, warbij,
wegens hun staatkundig karakter, uitlevering is uitgesloten.
Leiden. 1877 8. 28 ff.)
Auf der Basis des Gesetzes von 1849 sind die deutschen
Auslieferungsverträge abgeschlossen. Dasselbe muss daher als
Quelle zur Interpretation derselben dienen. Da die holländische
Regierung eine Auslieferung wegen politischer Delicte kraft Ge-
setzes nicht zugestehen durfte, so ist dies auch stillschweigend
nach denjenigen deutschen Verträgen vereinbart, in welchen eine
ausdrückliche Bestimmung fehlt.
Streitig ist, ob auch nach den letzteren Verträgen, also
mit Bayern, Bremen u. s. w., die Niederlande wegen einer zu
politischen Zwecken verübten Strafthat (Mord, Brandstiftung u. s. w.),
also eines sog. relativ-politischen Delicts, eine Auslieferung ver-
weigern dürfen. Taunar, de tractaten tot uitlevering van mis-
dadigers. Amsterdam 1872 S. 175 ff. verneint die Frage, indem
er annimmt, dass die Auslieferung nur wegen absolut-politischer
Delicte ausgeschlossen sei. Derselben Auffassung ist Lammasen,
a. a. 0.8. 282. Dagegen spricht sich van Hreckeren, Uitlevering
wegens politieke misdrijven. Utrecht 1882 8. 82, für die Be-
jahung der Frage aus, indem er die Aufnahme einer ausdrück-
lichen, die Auslieferung wegen relativ-politischer Delicte zulassen-
den Bestimmung in dem Vertrage fordert.
Der letzeren Ansicht muss beigepflichtet werden. Es wäre
auch unverständlich, wenn die Niederlande Preussen und Ol-