Full text: Archiv für öffentliches Recht.Achter Band. (8)

die Fusion mit der gewaltsamen Aufsaugung eines gesammten 
Staates durch einen andern, d. h. der im Wege der Eroberung 
bewirkten Annexion der ,„debellatio oder victoria universalis“ 
vergleicht. Obwohl die Betrachtung derselben nicht ın den Rah- 
men des hier zu behandelnden Gegenstandes sich einfügt, und darum 
gänzlich unterbleiben könnte, empfiehlt es sich dennoch, sie kurz 
zu berühren, weil damit das Verständniss für das begriff- 
liche Wesen der Fusion erheblich erleichtert und gefördert wer- 
den muss. 
Hierbei muss zunächst darauf verwiesen werden, dass man 
vielfach versucht hat, Fusion und Annexion begrifflich als ganz 
gleichartig hinzustellen — völlig zu Unrecht. Man hat nämlich 
darauf einen Gedanken in Anwendung gebracht, welcher vielfach 
der Beurtheilung privatrechtlicher Verhältnisse zu Grunde gelegt 
wird, aber auch in dieser Hinsicht schon gänzlich verfehlt er- 
scheint und für das Völkerrecht noch unbrauchbarer ist: näm- 
lich den, dass für die juristische Construction aller derjenigen 
Fälle, in welchen es sich um die Nöthigung eines Rechtssubjectes 
durch das andere handelt, der Genöthigte doch schliesslich als 
freiwillig handelnd angesehen werden müsse, da die Nöthigung, 
begrifflich, nicht anders aufgefasst werden dürfe, als irgend ein 
anderer Beweggrund, aus welchem eine Handlung entspringt und 
der juristisch allerdings vielfach als irrelevant erscheint. Man 
stellt also den Satz auf, dass der Einzelne, wo er gezwungen 
handelt: quamquam coactus tamen voluit, und gelangt dann, 
indem man diese Auffassung auf das Gebiet des Völkerrechtes 
überträgt, zu dem eigenthümlichen Ergebnisse, dass schliesslich 
stellenweise auch für den Fall der Eroberung noch eine „frei- 
willige‘ Verschmelzung der beiden in Betracht kommenden Ge- 
meinwesen angenommen worden ist. Man sieht, zu welchen wun- 
derbaren Schlüssen sich die Völkerrechtswissenschaft zu verstei- 
gen vermag, nachdem sie einmal sich lediglich dazu berufen 
glaubt, Allem, was geschieht, auch wenn darin vernünftigerweise
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.