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Wenn nun auch eine derartige Massen-Zwangsnaturalisation,
nachdem einmal die völlige debellatio eines Staates durch einen
andern stattgefunden hat, nach allem Gesagten wie ein Ausweg
erscheint, der schliesslich durch das Recht selbst unabweisbar ge-
boten ist, so geht es doch andererseits nicht an, darin, wie es
merkwürdigerweise von Seiten mancher Publicisten in neuerer Zeit
geschehen ist, etwas ganz Natürliches und durchaus Rechtmässiges
zu finden, indem sie einfach zur Begründung ihrer Ansicht auch
hier auf das ‚freie Abzugsrecht‘“ hinwiesen, das immer als Noth-
behelf herhalten muss, wenn die Theorie das Verlangen in sich
fühlt, sich selbst zu täuschen. Auch auf diesen Punkt wird
weiter unten, ebenfalls bei Besprechung der (xebietscession und
ihrer rechtlichen Folgen, noch eingegangen werden, so dass hier
jede nähere Ausführung sich erübrigt; aus Allem aber, was sich
daselbst dargethan findet, wird entnommen werden können, dass
die Freiheit des Einzelnen, ungehindert auszuwandern, noch lange
nicht für denjenigen, welcher davon keinen Gebrauch macht, die
Vermuthung begründen kann, als ob er damit ausdrücklich seinen
Willen kundthue, das Bürgerrecht seines Aufenthaltsortes zu er-
werben.
Die rechtlichen Folgen der Annexion, soweit die Statusver-
hältnisse der Bevölkerung in Frage stehen, kommen also aller-
dings, wenn man lediglich die Oberfläche der Dinge in Betracht
zieht, auf ganz dasselbe hinaus, wie diejenigen der Fusion: aber
sie sind, ihrem innersten Wesen nach, von den letzteren doch
himmelweit verschieden und können denselben wegen dieser rein
äusseren Aehnlichkeit keineswegs begrifflich gleichgestellt werden.
Die Fusion ist ein legaler, die Eroberung ein revolutionärer Act;
und die rechtliche Wirkung der ersteren basirt daher auf dem
derung bzw. dem Aufenthalte im Auslande die Aufnahme einer Person in
einen andern Staatsverband hinzutritt, hört die letztere auf, Bürger des
annectirenden Staates zu sein, wie s. Zt. auch von Preussischen Gerichten
anerkannt worden ist. Vgl. u. Anm. 9.