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Auslieferung ausgesetzt bleiben kann, bis der mit der Sache be-
schäftigte Gerichtshof sein Urteil gefällt hat und dasselbe zur
Vollstreckung gekommen ist.
Nach dem preussisch-niederländischen Vertrage vom 16.
Juni 1856 (G. 8. S. 710 ff), welcher später auf die deutschen
Konsule ausgedehnt ist (vgl. Vertrag vom 11. Januar 1872, R.-
G.-Bl. 8. 67) haben die preussischen Generalkonsuln, Konsuln,
Vicekonsuln und Konsularagenten in den niederländischen
Kolonien dieselben Befugnisse, insoweit die Auslieferung von
entwichenen Seeleuten preussischer Handels- oder Kriegsschiffe
vertragsmässig stipulirt ist. (Art. 10).
Die Frist für die Festhaltung beträgt aber nicht zwei, son-
dere mit Rücksicht auf die weite Entfernung drei Monate.
Die Tendenz der Auslieferung desertirter Seeleute ist nicht
die Gewährung der Rechtshilfe zur Herbeiführung einer Strafver-
folgung, sondern eine Unterstützung im Interesse der Seeschiff-
fahrt als solcher.
Uebereinstimmender Inhalt sämmtlicher deutschen Ausliefe-
rungsverträge ist, dass die Auslieferung nur erfolgen könne be-
hufs Untersuchung und Bestrafung der Verbrechen und Vergehen,
welche in dem Vertrage selbst genannt sind. Die Zahl dieser
Delicte ist sehr beschränkt, das niederländische Auslieferungsge-
setz führt erheblich mehr Strafthaten auf. Wenn auch in dem
Texte dieses Gesetzes kein Hinderniss für eine Auslieferung wegen
eines, zwar im Auslieferungsgesetze, nicht aber auch in dem Ver-
trage aufgezählten Delictes liegt, so sind doch Theorie und
Praxis in Holland darüber einig, dass die Aufzählung der Aus-
lieferungsdelicte in den Verträgen als eine limitative aufzufassen
ist, also nur wegen dieser Strafthaten Auslieferung gewährt wird.
(Vergl. Lammascn, a. a. O. 8. 198).
Nach moderner völkerrechtlicher Auffassung muss die Straf-
that, wegen welcher die Auslieferung nachgesucht wird, einmal
nach dem Rechte beider Vertragsstaaten — nicht blos des er-