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mus und Feudalismus. Die Betrachtung der Entwickelung des
internationalen Privatrechts wird uns zeigen, dass Territorialismus
und Feudalismus nicht als primäre Quelle in. der Anerkennung
der lex rei sitae, sondern nur als Bindeglied gedient haben.
Innerhalb der Zeit, für welche die Rechtssätze gelten, gelten sie
für einen gewissen Raum. Dieser Raum kann mit dem Raume,
welchen ein bestimmter Staat einnimmt, zusammenfallen, er kann
enger, er kann weiter sein?°). Allein keineswegs ist ın der Herr-
schaft des Staats die Herrschaft der einzelnen Rechte begründet.
Wohl ist in der Gegenwart die Gesetzgebung ein Zweig der staat-
lichen Verwaltung. Doch das Gesetz, sei es durch Staatsact oder
durch Gewohnheit entstanden, herrscht aus eigener Machtvoll-
kommenheit. Seine Herrschaft ist nicht an die des Staats ge-
bunden. Die innere Kraft des Rechtes zeigt sich in seiner Ent-
wickelung. Die staatliche Befugniss der (Gesetzgebung wurde erst
später secundäre Quelle der Rechtsbildung, primäre blieb die
Gewohnheit, sie könnte sonst staatliches Gesetz nicht abändern,
die Existenz des Staates selbst auch nicht überdauern.
Hieraus ergibt sich aber der von der Staatssouveränetät
unabhängige Begriff der Rechtssouveränetät. Dieselbe definirt
sich als die vom Gemeinwillen getragene, von ihm aber auch be-
grenzte, in diesem Sinne alle Sachen, Personen und Rechtsver-
hältnisse beherrschende, innere Kraft des Rechts. Ihre Herr-
schaft neben der Souveränetät des Staates erklärt sich aus der
möglichen Unabhängigkeit der Grenzen des lechtsgebiets von
denen des Staatsgebiets.
Die Begrenzung dieser Rechtshoheit ergibt sich sowohl
aus dem Aufkommen des Gesetzesrechts als auch aus der histo-
rischen Entwickelung des Rechts überhaupt.
Im römischen Reiche allerdings decken sich Herrschaft
des Staates und Herrschaft des Rechtes, wenngleich eine selbst-
20) WınpscHeiv, Pandekten 1891 Bd. I 8. 77.